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„Neulich kroch so ein Gefüüühl in mir hoch…“

Das Spiel im Weserstadion, Werder vs. Hoffenheim, ist längst beendet. Der Kommentator des Spiels, Fritz von Thurn und Taxis, ist aber noch weit nach Abpfiff ein gefragter Mann. Hier ein paar Journalisten, da eine Gruppe Fans, kurz noch Smalltalk mit Alexander Nouri. FTT hat für jeden Zeit. Auch für uns. Wir heften uns an seine Fersen. Die Gefahr, ihn im Getümmel zu verlieren, besteht nicht, denn er hat uns genau im Auge. „Der letzte Gentleman“, sagen einige. „Ein Großer, der nicht groß sein will“, andere. Fritz von Thurn und Taxis wird fehlen, das steht fest. In unserem großen Abschiedsinterview geht es um Arbeitsnachweise, seine persönliche Zukunft und natürlich um #FRITZLOVE. (Das Interview wurde 2017 geführt, Anm. d. Red.)


FUMS: Lieber Fritz von Thurn und Taxis, wenn wir in die Zukunft blicken, dann haben wir da ein Szenario im Kopf, von dem wir Ihnen gern einmal erzählen möchten. Es ist Spätsommer 2017, Sie sitzen entspannt daheim, vielleicht draußen, Blick auf den Garten, saftiges Grün….
Fritz von Thurn und Taxis:
Innenhof. Garten hab‘ ich keinen.

Innenhof auch gut. Sie bei einer Tasse Kaffee, super entspannt. Irgendwann dann gegen 15 Uhr wechseln Sie den Schauplatz, gehen in die Wohnstube…
(unterbricht lachend) In den Saloooon….

Ok, Sie gehen in den Salon und sehen was Besseres: Sky. Frank Buschmann meldet sich aus Augsburg: Ratatatata! Da haben wir uns gefragt, was für Gefühle da bei Ihnen frei werden. Da sitzen schon bald die Neuen am Mikro – und nicht mehr Sie.
Also es könnte gut sein, dass das Szenario gar nicht eintritt, weil ich möglicherweise dann Sky gar nicht mehr habe.

Wie bitte?
Vielleicht probier ich es mal ohne aus (lacht), mal sehen. Also, ich bin da ganz unaufgeregt. Ich kenn‘ ja den Buschi, den kenne ich sehr, sehr lange weil wir alte Basketballkollegen sind. Der wird das so kommentieren, wie er alle seine Sachen kommentiert hat. Das ist eine neue Zeit, das wird mich nicht wahnsinnig beunruhigen.

Vielleicht probier ich ein Leben ganz ohne Sky. Dann schaue ich am Wochenende nicht. Dann geh‘ ich mit meiner Frau nicht nach oben, sondern gehe spazieren mit ihr.

Ich weiß außerdem noch gar nicht, wie sich alles entwickeln wird. Was habe ich noch zu tun? Was kann ich noch machen? Es gibt jetzt viele Leute, die mich kontaktieren. Die große Herausforderung ist, die Balance hinzukriegen. Noch ein bisschen was noch zu machen, etwas Interessantes – aber nicht zu viel. Meine Frau sagt: Wenn du gar nichts machst, ist schlecht. Wenn du zu viel machst, ist auch nicht gut.

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Wo sehen wir Sie denn wieder? In launiger Talkrunde bei Markus Lanz ab und an oder vielleicht doch der Sat.1-WM-Experte neben Serdar Somuncu?
Nein, ich glaube, was wird sich alles schnell beruhigen. Da bin ich vollkommen bei mir. Wer spricht heute noch über Rubenbauer? Wer spricht heute noch über….ja, gut… Wontorra hat sich wieder ins Gespräch gebracht. Das geht heutzutage ganz schnell. Wenn du nicht mehr auftauchst im Fernsehen, dann bist du weg. Und in Kürze auch vergessen. Das war immer so. Deswegen darf man sich selbst einfach nicht so wichtig nehmen. Ich bin glaube ich sehr gut eingestellt darauf.

Bisher habe ich alles abgelehnt. Ich habe mit dem Einen oder Anderen telefoniert aber ich habe gesagt: Das mache ich alles erst im Juni. Erstmal machen wir noch das Pokalfinale im Olympiastadion, dann fahre ich eine Woche auf die Seenplatte in Mecklenburg-Vorpommern und dann werden wir uns unterhalten.

Als ich letztens aus der Allianz-Arena rausgefahren bin, da kroch so ein Gefühl in mir hoch…

Klingt nach einem Plan. Wie erleben Sie Ihre aktuelle Abschiedstour? Stressig? Traurig? Schön?
Naja, ich weiß ja schon länger, dass ich auf Abschiedstour bin. Da und dort weiß ich: da komme ich nicht mehr hin aber es hat mich jetzt nicht so beeinflusst, dass ich sage: Ich bin traurig oder den Tränen nahe. Ich muss allerdings zugeben: Als ich letztens aus der Allianz-Arena rausgefahren bin nach dem Pokalhalbfinale (Bayern vs. Dortmund, Anm. d. Red.), da kroch so ein Gefühl in mir hoch, das man ja letztlich gar nicht so fassen kann, wo schon so ein bisschen Wehmut war. Das war noch mal ein großes Spiel. Aber auf sowas kann man sich nicht vorbereiten. Entweder es kommt oder es kommt nicht.

Einige Fragen: Wirst du weinen? Nach dem Pokalfinale. Sag ich: Weiß ich niiiicht. Aber Florian (Florian Meigen, über 15 Jahre als Assistent an der Seite von FTT, Anm. d. Red.) ist ja da mit den ganzen Taschentüchern…(lacht) – Nein. Es ist spannend für mich. Aber ich bin nicht depressiv.

Wir haben heute nur einen kleinen Einblick bekommen, was gerade abgeht, wenn Sie irgendwo auflaufen. Das war schon sehr beeindruckend, wie sehr sich dieser Hype entwickelt hat…
Ich muss zugeben, das habe ich so auch nicht erwartet. Ich bin jetzt so lange im Geschäft – es gibt glaube ich keinen, der solange dabei ist. Immer an der Front. Fast fünfzig Jahre. Da habe ich schon viel erlebt. Aber dieser enorme Hype hat mich dann doch überrascht.

Ich weiß ja, was im Netz so los ist, ich bin aber nicht drin. Dass da so eine Welle entsteht…ja, haben Sie die mit ausgelöst überhaupt, oder wie?

Das mögen wir von uns selbst nicht behaupten…
Ja, aber Sie haben doch angefangen mit diesen Diagrammen…

Die Arbeitsnachweise, ja.
Ich habe neulich Holger Gertz von der Süddeutschen Zeitung getroffen in einem Münchner Café. Das erste, was er auf den Tisch gelegt hat, waren die FUMS-Arbeitsnachweise. Die SZ wollte das Portrait auf Seite 3 eigentlich erst zu meinem letzten Bundesliga-Spiel veröffentlichen. Aber jetzt kam plötzlich dieser FritzLOVE-Hype, da mussten sie wahrscheinlich draufspringen damit es nicht zu spät ist. Ich muss ihn nochmal fragen, ob er die Geschichte nochmal umgeschrieben hat wegen dem Hype. Ob ihn das zusätzlich animiert hat.

Also das ist alles schon enorm. Aber das sieht man ja in vielen Bereichen, dass Leute, wenn sie gehen, dann nochmal richtig interessant werden. Ich hätte mir das in dieser Intensität nicht vorgestellt. Muss ich ehrlich sagen.

Um den Kreis zu schließen – wir haben angefangen mit Sprüchen und Zitaten aus der Welt des Fußballs und da kommt man dann zwangsläufig relativ schnell auf Sie. Da merkt man schnell, dass da ein Kommentator ist, der Woche für Woche Highlights liefert. Die wollten wir einfach konservieren und für die Nachwelt festhalten. Wenn man jetzt im Archiv nach Spielen von vor drei Jahren schaut, die sie mal kommentiert haben, dann ist das pures Gold.
Sie sind ja ein Kenner des Netzes, Sie sind ja tief drin. Wie ist dieser Hype denn entstanden?

Naja, der Hashtag #FRITZLOVE hat ja einiges dazu beigetragen…
Den haben Sie erfunden, richtig?

Richtig, ja. Das ist schon schön, wie….
Und wo sind diese Trikots? Diese Shirts?

Haben wir natürlich dabei. Extra ein Exemplar für Sie!
Hahahaha (lacht laut), der Arnd Zeigler hat auch eins angehabt. Und ihr sagt: 150 und mehr machen wir nicht? Weil…das soll wertvoll sein? Da kommen doch Leute und sagen: Wir bieten. Wir bieeeten! Haste nicht noch eins im Keller?

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Aus ihrer Sicht, was passiert da? Ich meine, es gab immer Anhänger meiner Reportagen, aber überschaubar. Warum bekommt das bisweilen hysterische Züge?

Vermutlich liegt es einfach daran, dass es zuvor niemand so konsequent verschriftlicht hat und so immer mehr Leute gemerkt haben, was da eigentlich passiert. Wir freuen uns einfach, wenn sie authentisch Ihr „Brrrima“ rufen oder Sokratis mit vollem Namen aussprechen.
(lacht) Sokratis Papastathopoulos. Das war immer schon mein Spaß. Sowas bereite ich nicht vor. Das kann man gar nicht. Aber es ist einfach eine andere Sprache, die ich spreche. Ich kann einige Dinge einfach vergnüglich aussprechen. Heute bei Bičakčić bin ich ein paar mal gestolpert aber gut, ich habe ihn früher ganz falsch ausgesprochen. Und bei manchen lege ich einfach fest, wie sie heißen. Der Spieler in Hamburg heißt Wallace und nicht blöd Wallace-i.

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Das T-Shirt für alle FRITZLOVE-Liebhaber:innen ist auf www.fumsshop.de erhältlich.

Kennen Sie die Agenda Fritz 2020? Eine Petition. Fans sammeln Unterschriften, dass Sie weitermachen. Andere schreiben, Sie sollten in die Politik. Was ist denn wahrscheinlicher?
Da ist nichts geplant. Also in die Politik, das kann ich ausschließen weil: ich brauche mehr Schlaf als ein Politiker. Das ist für mich sowieso immer ein Phänomen, wie Angela Merkel oder die Politiker generell das alles überleben. Du kannst das ja gar nicht durchstehen, wenn du viel Schlaf brauchst. Das kommt für mich nicht in Frage.

Es ist mir fast ein bisschen peinlich, das sagen zu müssen aber: Ich höre auf heißt: ich höre bei Sky auf. Wir trennen uns, das haben wir vereinbart. Aber ich kann nichts ausschließen. Es gibt auch schon einige Angebote, die ich noch prüfen werde. 

Gut, also sehen wir Sie bald wieder als Nationalmannschaftskommentator bei RTL. Schön!
Fest steht, es muss in einem Rahmen ablaufen, bei dem ich weniger Stress habe.

Verraten Sie uns, wie das Zukunftsgespräch bei Sky abgelaufen ist? War allen Beteiligten schon vorher relativ klar, dass Schluss ist? Sind Sie direkt mit fester Überzeugung rein, nicht weitermachen zu wollen?
Das war klar, ja. Für mich ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen. Nicht zu früh, vor allem aber nicht zu spät.

Ich bin jetzt 24 Jahre dort. Jetzt sollen die Jungen auch mal ran. Und Buschi.

Wie kam eigentlich Ihre Überleitung zur Zweitkarte an neulich? „Die Mama will auch mit dabei sein, kleiner Bildschirm in der Küche, kost ja nicht so viel. Bitteschön…“
Vielen hat das gefallen und vielen hat das nicht gefallen. Wie immer bei solchen Sachen. Ehrlich gesagt, ich habe da nicht so viel drüber nachgedacht. Ich versuche immer, solche Dinge vergnüglich darzustellen. Das gelingt mal besser und mal schlechter.

Können Sie nachvollziehen, dass sich die Zeiten verändert haben und dass solche Sprüche heutzutage mehr Menschen auf den Plan rufen, die sagen: „Das kann er so doch nicht sagen…“
Also als ich Lucho Gonzales als Zigeuner bezeichnet habe, war das eher der Fall. Aber das war auch eines der ganz wenigen Spiele, wo mein Assistent nicht dabei war. Und der hat nachher gesagt: Kaum war ich einmal nicht dabei und schon passiert dir das (lacht). Ich wollte ihn einfach nur etwas herausheben, den Argentinier. Lange Haare, Bart, überall Tattoos.

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Lieber FTT, Sie haben jetzt die Chance, ihre Traum-Elf aufzustellen. Welche Spieler hätten bei Fritz von Thurn und Taxis einen Stammplatz? Sie dürfen wählen, wie Sie wollen. Müssen keine spielerischen Aspekte sein, auch der Klang des Namens kann da entscheiden.
Hab‘ ich noch nie gemacht.

Rönné Adler und ZACK, isser im Tor.
Na, der Papastathopoulos muss natürlich spielen. Also wenn Sie so ein bisschen auf die Namen hinaus wollen…Ohndré Lenz! In Wolfsburg. War Ersatztorhüter. Wurde von Magath gegen Bayern München gebracht, als die Bayern gedemütigt wurden unter Klinsmann, Tor des Jahres Grafite. 5:1. Dann kam Andre Lenz ins Tor. Zwei Minuten vor Schluss. Da wollte Magath den Bayern sagen: Jetzt gebe ich euch noch den Ersatztorhüter, damit ihr richtig Prügel kriegt. Und Klinsmann und Hoeneß sind gebeeeugt aus dem Stadion rausmarschiert.

Und da war noch was bei Günther Jauch, bei „Wer wird Millionär.“ Da war mal die Frage: „Béla Réthy, Tom Bartels, Thurn und Taxis…sind das…Anwälte, Fußballreporter oder…Zirkusdirektoren. Oder was weiß ich. Da war ein Mädchen dagesessen. Die stutzte…Thurn und Taxis. Mein Freund sagt immer, der spricht die Namen immer so toll aus. Der ist Wolfsburg-Fan und da fällt mir gerade ein: Ohndré Lenz! Und dann hat sie es richtig beantwortet (lacht). Aber worauf wollen Sie jetzt hinaus? Machen Sie mal meine Mannschaft! Das interessiert mich jetzt.

Klar, neben Papastathopoulos muss Papadopoulos spielen.
Pappadopollos! Und wen haben Sie noch?

Klassiker: Bobadilla, der Steakliebhaber…
Ja na gut. Bobadilla. Der kaum gehen kann vor Kraft.

Ohndré Hahn….
Ohndré (beginnt laut zu lachen). Ohndré Hahn…wie kommt der auf Ohndré. Ich sprech das halt französisch aus…also gut. Für meine Drrraumelf, da müsste ich mir mehr Zeit nehmen. Aber der Neuer wär im Tor, das ist klar.


Als sich das Interview dem Ende neigt, lesen wir Fritz von Thurn und Taxis noch einige, ausgewählte User-Kommentare vor. Er hört wohlwollend zu, schmunzelt, lacht. „Rührend“, entfährt es ihm einmal und man bekommt das Gefühl, dass ihm die ganze Lobhudelei fast unangenehm ist. Ein Großer, der eben nicht groß sein will. Fritz von Thurn und Taxis.

Danke für das Interview.

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Interview: Cord Sauer | Fotos: Max Hartmann

Lob, Kritik, Feedback, User-Meinung, Lottozahlen:

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