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Das erste Mal – eine Liebeserklärung an das Stadion

Es gibt Momente im Leben eines Papas, die kann man nicht kaufen. Unser FUMS-Nachwuchsexperte Thomas Poppe war heute zum ersten Mal mit seinem fünfjährigen Sohn Anton im Stadion und empfand dabei ganz viel Glück trotz schwachem Kick. Ein Erlebnisbericht.


Regionalliga Bayern, Viktoria Aschaffenburg – FC Memmingen, fünf Grad und dann noch ein 0:1 der schlechteren Sorte. Und dennoch will er wieder hin, obwohl es doch irgendwie nicht logisch scheint, dass ein Fünfjähriger zwei Stunden in der Kälte hocken will, wenn zu Hause das warme Spielzimmer oder der Fernseher eine Alternative wären. Aber der Reihe nach: Seit der WM ist mein Sohn Feuer und Flamme für Fußball, kickt selbst immer besser und kam mit der Idee um die Ecke, zu einem Bundesliga-Spiel zu gehen. Ich hab laut gelacht, weil er vor dem heimischen Fernseher keine Viertelstunde aushält, ehe ihn die Langeweile überkommt. Dennoch gingen wir einen Deal ein: Dreimal Schönbusch in Aschaffenburg als Test und wir reden noch mal über das Waldstadion.

Für mich ist Stadion bis heute der Kopfsprung in eine ganz eigene Welt der Wunder. Dieser Moment, wenn du die Treppe nach oben gehst und den ersten Blick auf das Spielfeld und das drumherum hast. Dieser perfekte Rasen, der mit all den Menschen drumherum so viel größer wirkt als der beim Dorfverein und es eigentlich kaum ist. Dieser Einklang von Tausenden, wenn der Ball ins Tor oder knapp vorbei geht, diese mittlere Kleinstadt zusammen auf so wenigen Metern mit so vielen Charakteren, die für diese Zeit vereint sind. Diese besonderen Momente im Spiel, die man ganz anders erlebt, als zu Hause am Fernseher. Das war bei mir mit acht Jahren so, das wird auch mit 80 Jahren noch so sein.

„Na Kleiner, schaffste die Bratworschd üwwerhaupt?“

Ganz so weit sind wir aber mit Anton noch nicht. Erstmal die Light-Version Viktoria zur Probe. Meine Sohn sitzt mit mir zwischen einer Gruppe von Männern in meinem Alter und einem Ehepaar. Darüber ein typischer Stadion-Rentner – super nett – bis zur nächsten Fehlentscheidung. Zwischen den Sätzen „Na Kleiner, schaffste die Bratworschd üwwerhaupt?“ und „Schiri, du Oarschloch, werf dei Pfeiffe weg!“ liegen einmal keine fünf Sekunden. Willkommen auf der Tourette-Tribüne. Anton grinst mich jedes Mal schelmisch an, wenn der nette Opa eskaliert.

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Ein Maskottchen namens Viki macht den Anklatscher und wir lassen uns natürlich nicht zwei Mal bitten. Irgendwann in der ersten Halbzeit der obligatorische Pipi-Gang, den man mit einem Fünfjährigen eigentlich immer hat. Wenn wir schon mal draußen sind, direkt ne Bratwurst und ne Fanta. „Den Becher will ich behalten, Papa!“ sagt er. „Als Erinnerung!“ und ich vergesse die zwei Euro Pfand gerne, auch wenn er sicher bald im Schrank verstaubt. Zurück am Platz. Die Wurst in der Hand, das Feld im Blick, als würde er seit 20 Jahren als Scout für Real Madrid arbeiten – es ist einer dieser Momente, die dich als Papa wehmütig werden lassen und die du ganz fest im Kopf und im Herz speicherst.

„Warum ist der Schiri ein Schwein, Papa?“

Das Spiel plätschert so vor sich hin. Zwischendurch analysiert er „Die Nummer 30 von den Roten und die Nummer 7 von Aschaffenburg sind die Besten“, fiebert dann der Pause entgegen, weil er mit Maskottchen Viki ein Foto machen will. Fast verpassen wir deshalb das 0:1, dass die Memminger (vor dem Spiel 5.) gegen die Viktoria (vor dem Spiel 8.) in der 46. Minuten erzielen. Aber irgendwie wäre selbst das egal gewesen. Es sind nicht nur die Aktionen auf dem Feld, die den Besuch im Stadion so besonders machen. Es ist auch alles drumherum. Aschaffenburg-Trainer Jochen Seitz, der sich immer wieder mit dem Schiri anlegt und irgendwann auf die Tribüne muss („Braucht der jetzt keine Eintrittskarte?“), ein Crash mit zwei Spielern und dem Linienrichter, bei dem die Fahne zu Bruch geht („Der kann ja mit der Eckfahne winken!“), die lustigen bis üblen Zwischenrufe („Warum ist der Schiri ein Schwein, Papa?“), die Bratwurst und die Limo („Papa, kann ich noch eine?“), das Stadionheft („Darf ich das behalten?“) und so viel mehr.

Kein spektakuläres 1:1 am Ende, auch wenn die Viktoria drängte. Und dennoch auf dem Weg zum Auto die Frage, wann das nächste Spiel stattfindet in Aschaffenburg – die vielen neuen Schimpfwörter zum Glück fast alle schon wieder vergessen. Von Frankfurt und der ganz großen Bühne kein Wort. 90 Minuten war er ruhig gesessen, hat immer wieder kluge Fragen zum Spiel gestellt, der Kälte und dem Kick getrotzt und nur einmal gefragt, ob er mal mit meinem Handy ein Video machen darf. Für Mama. Kein gelangweiltes „Ich geh in mein Zimmer“, wie sonst bei der durchaus spektakulären 15:30 Sky-Konfi. Kein hibbilges „Wie lang dauert es noch“, wie bei Autofahrten ab zehn Minuten. Und warum? Weil Stadion geil ist und besonders. Auch bei fünf Grad und mittelmäßigem Kick. Mit 25 Euro weniger im Geldbeutel und 500 tollen Erinnerungen mehr im Kopf fahren wir nach Hause. Was bleibt, ist unsere Vorfreude auf das nächste Spiel am Schönbusch in Aschaffenburg und irgendwann dann tatsächlich Antons erstes Mal Bundesliga.


Von Thomas Poppe
(hat hier vielleicht den Text des Jahres abgeliefert – die halbe FUMS-Crew hat sich vor lauter Gänsepelle erstmal bis einschließlich Weihnachten Sonderurlaub genommen)

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