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Kein Liebesbrief zum Abschied von Mario Gomez

Das Karriereende von Mario Gomez ist das Karriereende eines absoluten Topstürmers: 84 Hütten für den VfB Stuttgart, 75 Tore für die Bayern, 31 DFB-Buden. Torschützenkönig in Deutschland und der Türkei, Meister, Pokalsieger, Fußballer des Jahres. Für den VfB absolvierte er nun sein letztes Spiel und auch für den FC Bayern wird er nie wieder auflaufen. Hier könnte jetzt etwas stehen von „letzter echter Stürmer“, Torero oder jenem Spieler, der sich bei einer Europameisterschaft wundgelegen hatte, wenn man Experte Mehmet Scholl Glauben schenkte. Unser VfB-Mitgliederversammlungs-Experte Tim Artmann verzichtet aber dankend und schreibt über seinen ganz persönlichen Blick auf die VfB-Legende.


Es gibt Spieler, da weiß man ohne Nachzudenken, welch große Bedeutung sie für einen Verein, für eine ganze Stadt haben. Mario Gomez ist so einer. Als ich klein war, habe ich das VfB-Trikot mit seinem Namen voller Stolz im Fußballtraining getragen. Rückennummer 33. Stolz wie Oskar war ich, als er sich auf genau diesem Trikot mit seiner Unterschrift verewigte. Schoss ich ein Tor, jubelte ich wie er. Wenn der Friseur mich fragte, wie ich meine Haare gerne hätte, zeigte ich ihm ein Bild von Mario Gomez. Für mich gab es in dem Alter keinen Thomas Hitzlsperger, keinen Timo Hildebrand oder Pável Pardo – für mich gab es nur einen: Mario Gomez.

Und dann dieses irre Jahr 2009 und dieser eine, ganz besondere Tag. Kurz zur Einordnung: 2009 war ich zarte acht Jahre jung. Es gibt nicht viel, an das ich mich aus der Zeit erinnern kann. Aber etwas hat sich dann doch im Hinterstübchen eingebrannt: Ich war mit meinen Großeltern im Urlaub in einem Ferienhaus im Allgäu. Jedes Mal, wenn das der Fall war, durfte ich mit Opa die Tagesthemen um 20:00 Uhr anschauen, bevor es dann langsam Zeit für das Bett wurde. Die Nachricht, dass Mario Gomez in der nächsten Saison zum FC Bayern wechselt, traf mich wie ein Schlag. Ich war fassungslos, wütend und traurig. „Opa, warum ausgerechnet zum FC Bayern?“ Geschlafen habe ich in dieser Nacht kaum. Und auch mein Gomez-Trikot inklusive Unterschrift hat Gomez‘ Wechsel zum Rekordmeister nicht überlebt. Sorry not sorry.

Video: VfB-Spieler tanzen zu „Mario-Gomez-Button“-Sound

Mit den Jahren verlor ich Mario Gomez immer mehr bis komplett aus den Augen. Seine Rückkehr an den Neckar 2018 nahm ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Auf der einen Seite war die Freude, dass „unser Mario“ wieder zuhause ist. Auf der anderen Seite das gebrochene Herz und die Frage, ob ich ihm das jemals wieder verzeihen kann. Die Frage nach dem Verzeihen beantwortete sich ziemlich schnell. Sowohl bei seinem ersten Heimspiel als auch bei seinem ersten Tor im Neckarstadion nach seiner Rückkehr war ich im Stadion. Das Herzklopfen, die Freude, der Jubel – es war wieder um mich geschehen.

Ob er dem VfB Stuttgart mit seiner Rückkehr sportlich weitergeholfen hat, bleibt zu diskutieren – allerdings bin ich sehr glücklich darüber, ihn nochmal im Trikot mit dem Brustring gesehen zu haben. Mario Gomez war die erste Person in meinem Leben, die mir das Herz gebrochen hat. Deshalb bekommt er von mir auch keinen Liebesbrief zum Abschied. Stattdessen nun diese Zeilen hier verbunden mit einem ehrlichen, respektvollen und verneigenden: Danke, Legende!


Von Tim Artmann
(brich Tim Artmann das Herz und wir brechen dir die Beine, Anm. d. Red.)