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Im Interview: Dominik Stolz von F91 Düdelingen

Wenn der F91 Düdelingen in der Europa League auf den AC Mailand trifft, dann ist das vor allem eins: Ein Fußball-Märchen. Der kleine Klub aus Luxemburg, trainiert vom Deutschen Dino Toppmöller (37), hat sich in der Quali gegen den rumänischen Meister Cluj durchgesetzt und steht nun vor der vermutlich geilsten Saison der Vereinsgeschichte – Stand jetzt. Wir haben mit Offensivmann Dominik Stolz gesprochen und ihn gefragt, was drin ist im europäischen Wettbewerb – und welchen Jobs seine Mitspieler so nachgehen, wenn sie nicht gerade auf dem Fußballplatz stehen.


Dominik – F91 Düdelingen – das klingt ein bisschen wie ein Formel 1-Rennstall. Wie viel PS habt ihr denn unter der Haube?
Das ist eine gute Frage, anscheinend mehr als wir alle gedacht haben. Genau wird man das nach den europäischen Spielen sehen. Für die luxemburgische Liga haben wir genügend PS normalerweise, aber ob wir dann jetzt bei den ganz Großen irgendetwas Zählbares holen können, wird man sehen.

Ihr spielt jetzt gegen den großen AC Mailand, das ist wie David gegen Goliath. Hast du dir deine Steinschleuder schon zurecht gelegt oder wie wollt ihr Milan bezwingen?
Wir haben da schon einen ganz guten Matchplan, denke ich. Wir wollen uns auf keinen Fall hinten reinstellen, wir wollen was für’s Spiel machen und uns nicht nur verstecken. Deswegen denke ich, dass der ein oder andere ’ne kleine Steinschleuder dabei haben wird – um mal im Bild zu bleiben.

Keine Angst vor einer Blamage in den Spielen? Selbst knappe Niederlagen wären doch schon ein Erfolg – oder wollt ihr wirklich punkten?
Nein, Angst haben wir überhaupt nicht. Das sind für uns die Highlight-Spiele schlechthin – egal, wie sie ausgehen. Von uns erwartet keiner etwas, auch wenn wir in der Gruppenphase bei den drei Super-Gegnern (Milan, Piräus, Betis Sevilla) untergehen. Ich denke, das wäre jetzt nicht so schlimm, wenn du dir gegen Mailand eine Packung holen würdest, aber wir gehen einfach ganz anders ins Spiel. Wir wollen schauen, dass wir, so lange es geht, einen von den Großen ärgern können und mit ein bisschen Glück vielleicht einen oder auch drei Punkte mitnehmen können.

Hast du schon einen Spieler im Kopf, von dem du unbedingt das Trikot haben möchtest? Gattuso spielt ja leider nicht mehr…
Ja, stimmt, der spielt leider nicht mehr. Aber…

Das Trikot von Gonzalo Higuaín wäre schon eine schöne Sache.

Eigentlich musst du mit diesem Trikotwunsch schon in der Halbzeitpause ran, oder?
Das kommt auf den Spielstand an. Wenn es 0:3 oder 0:4 zur Halbzeit steht, kann man da schon mal hingehen, aber wenn es noch 0:0 steht oder wir sogar in Führung gehen sollten, braucht man da in der Halbzeit noch nicht hin. Es zeugt einfach von Schwäche dann, wenn man den Gegner zu diesem Zeitpunkt um ein Trikot anbettelt.

Ihr habt mit AC Mailand, Olympiakos Piräus und Betis Sevilla insgesamt eine sehr starke aber auch sehr attraktive Gruppe erwischt. Die drei Auswärtsspiele seht ihr schon als zusätzliche Urlaubstage, oder?
Nein, wir rechnen uns da schon was aus, wir wollen auf jeden Fall unseren Fußball, mit dem wir auch Legia Warschau oder Cluj ausgeschalten haben, weiter fortsetzen. Wir probieren alles, ob uns das dann auch gegen eine Mannschaft mit solch einer Qualität gelingt, wird man sehen.

Wir fliegen jetzt nicht nach Spanien, Italien, oder Griechenland, um zwei Tage Urlaub zu haben und das schöne Wetter zu genießen.

Wie sehr hat die Mannschaft damit gerechnet, sich überhaupt für die Europa-League-Gruppenphase zu qualifizieren? Immerhin seid ihr mit Legia Warschau oder CFR Cluj auf wesentlich namhaftere Clubs getroffen.
Als ich vor zwei Jahren nach Düdelingen gewechselt bin, war es bereits das klare Ziel vom Verein, sich in den nächsten drei Jahren einmal für die Gruppenphase zu qualifizieren. Dass wir das dann gegen den ungarischen Meister (MOL Vidi FC; Anm. d. Red.),  Legia Warschau und Cluj schaffen, war natürlich überraschend, aber über die ganzen Spiele gesehen auch verdient. Wir haben von sechs Quali-Spielen nur eines verloren und das war auch unglücklich in Ungarn. Ein paar Spieler haben schon den Traum gehabt und im Hinterkopf war der Gedanke immer da, dass unsere Mannschaft es schaffen könnte, weil auch viel Qualität in ihr steckt.

Beschreibe uns doch mal deine Gefühlslage nach dem Schlusspfiff des Rückspiels in Cluj (3:2-Sieg). Wir hörten, da sind viele Tränen in der Mannschaft geflossen…
Das war unbeschreiblich.

Europa League ist das zweithöchste, was man jemals spielen kann.

Es gibt sonst nur noch die Champions League. Direkt nach Schlusspfiff konnte man das noch gar nicht so wirklich glauben, erst im Flugzeug, als wir heim sind, haben wir gemerkt, was wir gerade geschafft haben und auf was wir uns freuen können. Nach dem Spiel war ich erst mal sprachlos, aber nach drei, vier Bierchen ging es dann wieder.

Wie viel Kopfschmerztabletten waren am Tag danach nötig? Immerhin habt ihr ja auch noch einige Berufstätige in der Mannschaft…
Das ging eigentlich, wir haben zum Glück drei Tage frei bekommen. Wir haben leider nach dem Spiel noch Doping-Kontrollen gehabt, deshalb hat sich alles bisschen verzögert, aber danach sind wir direkt mit dem Charter nach Luxemburg zurückgekommen, da hatten wir in der Discothek einige Tische unter Vorbehalt reserviert und da ging es dann schon bis in die Morgenstunden.

Das mit den Berufstätigen ist aber nicht ganz so, wie es in der Presse immer geschrieben wird, wir haben vielleicht noch drei Mann, die arbeiten und das auch nur halbtags – und von denen musste auch keiner am Tag danach arbeiten.

Was machen die Drei denn beruflich?
Einer ist bei der Stadt angestellt, der andere ist beim Sponsor Lavazza (italienischer Kaffee- und Kaffeemaschinen-Hersteller; Anm. d. Red.) untergebracht und der dritte ist bei der Postbank.

Euer Trainer Dino Toppmöller ist genauso wie du und sechs weitere Spieler Deutscher, welche Rolle hat er bei diesem Erfolg gespielt und traust du ihm in naher Zukunft den Sprung in eine größere Liga zu?
Der Dino hat eine große Rolle dabei gespielt, er ist noch ein junger Trainer, aber er ist einer von den Top-Trainern, die ich bisher hatte und ich hatte auch schon einige. Er macht das wirklich relativ gut, hat gute Ansprachen und immer einen guten Matchplan. Ich gehe stark davon aus, dass man ihn irgendwann in einer größeren Liga sieht, weil er ja auch den Namen von seinem Vater (Klaus Toppmöller, ehemaliger Bundesliga-Trainer und Trainer des Jahres 2002, Anm. d. Red.) hat. Der wurde hier in zwei Jahren zweimal Meister, einmal Pokalsieger und jetzt auch noch Europa League.

Lässt sich Klaus Toppmöller auch mal blicken oder hat er nach der bitteren Finalniederlage mit Leverkusen gegen Real Madrid 2002 genug vom Fußball?
Ne, ne, der kommt schon ab und zu aus dem Häuschen raus. Bei den Heimspielen ist er eigentlich jedes Mal da, bei den Auswärtsspielen in der Qualifikation zur Europa-League eigentlich auch. Er gibt einem auch mal einen Tipp, wenn man ihm über den Weg läuft im Hotel, der fiebert wirklich mit der Mannschaft und seinem Sohn natürlich mit.

Du selbst hast vor deinem Wechsel nach Luxemburg beim SV Sandhausen nur eine einzige Saison Profifußball in Deutschland gespielt und diese lief nicht gerade so gut. War der Schritt nach Düdelingen die beste Entscheidung deiner Karriere?
Im Nachhinein kann ich das auf jeden Fall mit ja beantworten. Am Anfang hat es natürlich jeder bisschen kritisch gesehen, aber der Verein hat mir damals aufgezählt, was er alles erreichen will. Ich habe dann auch einen langfristigen Vertrag unterschrieben und jetzt nach zwei Jahren ist das eingetreten, was wir uns vorgenommen haben. Deshalb bin ich damals nach Luxemburg gewechselt. Ich habe hier meinen Spaß am Fußball wiedergefunden, daher war es die richtige Entscheidung.

Kann man nochmal mit einer Rückkehr von dir nach Deutschland rechnen?
Das weiß ich noch nicht. Es kann natürlich sein, dass ich hier in Luxemburg nochmal verlängern werde, vielleicht gehe ich aber auch nochmal ganz woanders hin.

Viel Erfolg für die Saison und danke für das Gespräch.


Interview: Leon Herzog