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Uli und Joachim Hebel: „In den Kommentarspalten schaust du immer auch in die Hölle.“

Uli und Joachim Hebel sind Brüder. Und Fussballkommentatoren. Uli ist eine der führenden Stimmen beim Streamingdienst DAZN, Joachim kommentiert die Premier League auf Sky. Wir haben mit beiden gesprochen – über ihre Superhelden, den Weg zum Traumjob, den Zauber des englischen Fussballs und klar, über den Boxing Day auf der Insel.


Joachim und Uli Hebel, 2020 war sicher auch für euch als Kommentatoren ein spezielles Jahr, oder?
Uli: Logisch. Aus privater und persönlicher Sicht ist das ein besonderes Jahr gewesen. Berufsbedingt nicht so sehr. Natürlich ist alles irgendwann erst gestauchter und dann gedrängter gewesen. Aber alles in allem – da sind wir etwas privilegierter als ernsthaft arbeitenden Menschen – nicht komplett außergewöhnlich.

Joachim: Absolut. Die erste Phase, als nicht gespielt werden konnte, war schon hart. Auch wenn komplett verständlich war, dass nicht gespielt wurde. Dann, als es wieder los ging, war es wie immer. Dass keine Fans dabei waren, war gewöhnungsbedürftig, aber da war man schnell drin. Im Grunde ging es dann einfach weiter und man musste seinen Job machen.

Wie habt ihr die Zeit im März genutzt? Ein paar Kollegen haben auch mal aus dem Fenster raus die Fußgänger kommentiert, was war eure Beschäftigung?
Uli: Ich habe versucht das Angebot einer sehr schnellen Welt zu nehmen, die mal leicht entschleunigt hat und dann sehr. Als ich das mal begriffen hatte, habe ich mir gesagt ‚Das ist eine Möglichkeit, die du so nie wieder bekommst – und so viel Privatmensch werde ich wahrscheinlich zeitlebens nicht mehr sein können. Kein Fußball oder wenn, dann nur auf Konsolen und aus der Erinnerung. Aber keine Classic Spiele oder so einen Blödsinn. Einmal voll runtergefahren und wie alle anderen sich um die wirklich wichtigen Dinge dieser Welt gekümmert.

Joachim: Meine Mannschaft bei FIFA hat sich sehr darüber gefreut. Die war noch nie so aufgeräumt wie zu diesem Zeitpunkt. Und wenn es nichts zu kommentieren gibt, dann habe ich das gemacht, was man dann macht: Ich habe nichts kommentiert.

War nach dem Restart wieder alles sofort normales Tagesgeschäft?
Uli: Das war schon sehr besonders. Zum einen, weil zu dem Zeitpunkt die Straßen fast leer waren und ich schnell begriffen habe, welche Ausnahmestellung der Fußball – und damit auch wir, die um den Fußball herum arbeiten – hat. Der Freitag an dem wir typischerweise kommentiert haben, war ein echtes Highlight. Auch da: Soviel Vorbereitungszeit auf einen Einsatz hatte ich ewig nicht mehr. Es ist lange her, dass ich mich so auf ein Live-Fußballspiel gefreut habe, wie damals. Wir sind ja ein Haushalt, das haben wir dann damals zusammen geschaut in der Konferenz.

Joachim: Richtig. Ich habe ja ein wenig länger warten müssen als Uli, weil die Premier League einen Monat später angefangen hat. Bei mir waren zwei Zweitligaspiele dazwischen, die heiß gemacht haben. Im Grunde ist es dann wie, wenn es irgendwo einen Sale gibt, du stehst vor dem Laden und die lassen dich rein. Dann fängst du an zu laufen und freust dich einfach nur.

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War waren eure Highlights 2020? Uli, du hattest zum Beispiel die Relegation mit der Kuhglocke…
Uli: Das ist jetzt die unspektakulärste Antwort, aber so ein Europa League-Finale bleibt schon noch mal im Gedächtnis. Besonders unter diesen Voraussetzungen. Das Champions League-Turnier mit Einsätzen und tief deutscher Beteiligung bleibt auch noch im Gedächtnis. Ansonsten ist in den letzten zwei, drei Monaten zu viel passiert. Da waren wahrscheinlich auch noch Highlights dabei, die ich gerade aber alle vergesse. Klar, das Aufstiegsfinale der zweiten englischen Liga ist immer mein Spiel des Jahres persönlich, da hat auch nichts enttäuscht.

Joachim: Bei mir waren es ein paar große Spiele. Chelsea gegen Manchester United – das war zwei ein 0:0 und nicht so spektakulär, aber diesen Schritt zu machen, dass ein Sender dir das anvertraut. Das 2:7 aus Liverpool-Sicht gegen Aston Villa war krass, dann diese Woche Leeds, die 2:6 verloren haben gegen Manchester United. So war es dann eine Entwicklung plötzlich auch Studiogast zu sein im Wochentakt – solche Dinge waren es einfach. Das Jahr an sich nur das gesehen war nicht schlecht, was natürlich traurig war, waren die Umstände drum herum.

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