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Laura & Jörg Wontorra im Interview: „Wir sind nichts anderes als Gesichtsvermieter“

Laura: Wir sind die Reporter und es geht um die Menschen, die Fußball spielen. Wir fragen nur nach und geben unseren Gesprächspartnern lediglich eine Bühne. Das beherrscht Papa wie kein Zweiter in seinen Sendungen. Ich frage bei ihm auch viel nach, das ist mir wichtig. Wer hat schon das große Glück, jemanden mit 40 Jahren Berufserfahrung und diesem Standing in der Branche als Papa zu haben. Einen besseren und ehrlich gemeinten Rat kann nicht nicht bekommen. Seinen Rat höre ich mir an, und seine Kritik auch. Aber dann nur bei einem Glas Wein. 

Was ich gelernt habe – auch, weil ich mit ihm als Papa aufgewachsen bin: In unserer Branche hängt auch viel damit zusammen: Welcher Sender besitzt gerade welche Rechte? Ich habe Zeiten erlebt, wo Sat.1 auf einmal keine Bundesliga-Rechte mehr hatte. Dann hat man als gesamte Familie überlegt: Wo geht es nun hin? Müssen wir jetzt wieder umziehen? Wenn man das alles schon mitgemacht hat, geht man mit mehr Demut an die ganze Sache heran.

Spannendes Thema. Wo liegen die Rechte und was macht man draus als Sportjournalist? Am Ende kann es vermutlich mehr einem großen Wanderzirkus gleichen, als der Fan oder Zuschauer zuhause vielleicht denkt…
Jörg:
Ja. Ich bin 1992 auch vor die Wahl gestellt worden, als ich von der ARD zu Sat.1 ging, weil die Rechte eben zu Sat.1 gewandert waren. Da habe ich lange überlegt. Ich musste da auch Dinge aufgeben, die Olympischen Spiele zum Beispiel. Ich habe mich dann für den Fußball entschieden, weil es das Tagesgeschäft ist und das war mir wichtiger. Trotzdem habe ich damals lange darüber nachdenken müssen.

Wenn man in unserem Beruf seinem Kerngeschäft nachgehen will, muss man schon die TV-Rechtelage miteinbeziehen in seine Überlegungen. Es bringt ja nichts, wenn ich engagierten Journalismus machen will oder toll moderieren kann und dann gehe ich zu einem Sender, der maximal die Regionalliga hat. Dann werde ich nicht wahrgenommen und dann bin ich auch selbst nicht zufrieden.

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Jemals die Entscheidung gegen die Olympischen Spiele bereut?
Jörg: Nie. Es gibt manchmal so Sentimentalitäten. Ich bereue es alle vier Jahre, wenn die Eröffnungsfeier ist. Wobei: Nach meiner ARD-Zeit durfte noch zweimal bei Olympia dabei sein – zweimal für unterschiedliche Autokonzerne, wo ich dann vor Ort im Deutschen Haus in der Lounge des Deutschen Sponsors Talkshows moderiert habe.

Mit Blick auf die aktuelle Rechteverteilung läuft es für dich, Laura, sehr gut – du bist mit RTL aktuell dort, wo die Nationalmannschaft zu sehen ist. Mehr geht eigentlich nicht, oder?
Laura:
Ich werde natürlich oft nach meinen Zielen und Wünschen gefragt und da bin ich mit der Nationalmannschaft gerade da, wo ich immer hinwollte. Moderieren, Interviews führen, einfach die Nationalmannschaft begleiten. Das ist glaube ich die Königsdisziplin und da bin ich RTL einfach sehr dankbar, dass ich da seit zwei Jahren die Möglichkeit habe. In diesem Jahr haben wir zehn Länderspiele, das ist ein sehr besonderes Jahr für RTL. Und mit der Europa League ist ein Recht zu mir zurückgekommen quasi, das wusste ich aber damals noch nicht, als ich bei RTL angefangen habe. Wir haben ja damals bei sport1 das Montagsspiel verloren und dann war für mich nicht mehr so viel da. Ich bin sehr froh, dass sich dann damals bei RTL für mich eine Chance ergeben hat. Durch die Show Ninja Warrior Germany, die ich ja auch bei RTL mache, war schon ein guter Bezug zum Haus vorhanden.

Ein anderer großer Wunsch ist es, einmal auch Olympia zu machen. Ich war damals 2008 in Peking mit vor Ort im Deutschen Haus als Hostess beziehungsweise als Praktikantin und das war ein echter Once-in-a-lifetime-Moment. Das werde ich nie vergessen, es gibt diesen olympischen Geist, ich habe ihn damals das erste Mal erlebt und gespürt und das würde ich sehr gerne irgendwann nochmal machen.

Wir würden gern ein wenig auf das Thema Generationen zu sprechen kommen – Jörg, mit Blick auf die Sportjournalisten von heute: Fehlen dem jungen Nachwuchs von heute Eigenschaften von früher, vermisst du da etwas oder sagst du: Das ist alles gut und richtig so, wie es ist?
Jörg:
Also grundsätzlich gilt bei der Antwort: Man kann nicht sagen: Früher war alles besser. Aber es war vieles anders. Wir hatten damals viel mehr Zugriff auf die Protagonisten in der Szene. Heute werden uns Interviewpartner praktisch zugeführt oder man muss mindestens über Pressesprecher und Manager gehen. Das war früher der kleine Dienstweg. Die Zeiten sind vorbei, das hat aber vor allem auch damit zu tun, dass sich die Branche verändert hat, dass es einfach deutlich mehr Medien gibt. Die Branche ist schneller geworden, schnelllebiger. Dadurch auch oberflächlicher. Und der Wettbewerb ist härter geworden, was oft auch deutlich zu Lasten der Qualität geht.

Laura: Papa erzählt immer, wie er früher mit den ganzen Werder-Spielern in Oberneuland in der Kneipe saß. Das ist für mich so weit weg, weiter geht es eigentlich gar nicht.

Ich finde aber, man kann es den Spielern und Funktionären fast nicht verübeln, weil durch Smartphones, Voicemails und Co. mittlerweile fast alles dokumentiert wird. Für die ist es auch schwerer geworden, privat zu sein. Sobald man mit einem Spieler essen geht, ist am nächsten Tag ein Foto in der BILD-Zeitung. Das ist schade, weil der direkte Kontakt auch wichtig ist für die Berichterstattung. Es war immer normal, dass sich Kommentatoren mit dem Trainer austauschen vor einem Spiel. Das war eigentlich ein Ehrenkodex. Das machen aktuell vielleicht noch 20 Prozent der Trainer. Das ist schade, dass es aufhört. Und das bedauere ich auch unserer jungen Generation sehr. Was ich aber cool finde, ist dass viel Content auch abseits des Rasens produziert wird so wie ihr es bei FUMS auch macht. DAZN hat beispielweise für Social Media immer einen eigenen Fotografen dabei, der die Kanäle bespielt: Wie funktioniert eine Fernsehsendung? Für unsere Generation ist der Second Screen sehr wichtig geworden.

Jörg, wie viele Soziale Medien bedienst du neben dem Fußball gucken?
Jörg:
Whats App. Aber nur, wenn was reinkommt.

Laura: Wir haben mal Twitter versucht, es dann aber schnell wieder gelassen.

Jörg: Ich kann das bei den jungen Leuten total nachvollziehen, aber mir ist das zu mühselig…, wie heißt das noch – Facebook zu bedienen. Das ist mir zu mühselig. Und vor allen Dingen: es ist mir zu oberflächlich. Ich habe keine Lust, den Menschen zu twittern, dass ich heute Mittag einen Kaffee getrunken habe. Der Sender macht ja Instagram. Da weisen junge Kollegen dann auf die Sendung hin, ich kann es aber immer nicht so ganz nachvollziehen, warum es sein muss.

Wenn ich twittern würde, würde ich meine eigenen Tweets nicht lesen. Die wären mir zu langweilig.

Laura, wenn du sagst: Die Privatsphäre ist heute nicht mehr so geschützt durch Soziale Netzwerke und all dem Drumherum – dann bietet das natürlich auch jungen Sportjournalistinnen wie dir Chancen und Möglichkeiten, ebenfalls Part of the Game zu sein, sprich: Ebenfalls als bekannte Sportmoderatorin wahrgenommen zu werden, die wie auch die Fußballprofis viele Follower und Abonnenten hat…
Laura:
Ich bediene meine Social Media-Kanäle viel und finde, es ist eine coole Möglichkeit. Ich führe ein öffentliches Leben, ich bin als Tochter von Jörg Wontorra geboren, habe dazu noch einen Fußballspieler geheiratet, das habe ich mir ja alles selber ausgesucht.

Jörg: Die Geburt hast du dir ja nicht ausgesucht…
Laura: Ich finde es für mich einen schönen Weg. Das ist das, was ich zeigen möchte und das ist okay für mich bis zu diesem Level. Dass man den Menschen alle Facetten dieses Jobs zeigen kann – ebenso wie die Tatsache, dass Fußball verbindet, was für eine tolle Stimmung in einem Stadion entstehen kann. Und was für ein großes Team hinter so einer Fußballberichterstattung stehen kann. In der Europa League bei RTL Nitro fahren wir mit 80 Leuten nach Mailand, das kann sich kaum noch ein Sender heutzutage leisten.

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