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Alex Meier Karriereende: Der letzte Fußballgott

Alex Meier hört auf. Der Stürmer mit der 14 hängt die Kickschuhe an den Nagel, mit denen er so erfolgreich war. „Er trifft mit dem Fuß, er trifft mit dem Kopf, er trifft, wie er will, sogar mit dem Zopf!“ – besser wurde vielleicht nie ein Stürmer in einem Satz beschrieben. Fußballgott nannten sie ihn im Waldstadion und das ist er für viele Eintracht-Fans bis heute. Für unseren Tasten-Techniker Thomas Poppe ist er sogar der letzte seiner Art.


„Das war’s, ich höre auf!“. Ein Abschied so alexmeieresk, wie er nur sein könnte. Kein großes Tamtam, kein extravaganter Insta-Post, keine Sonder-PK. Ein „Tschüss“, wie man eben „Tschüss“ sagt, wenn man aus einer Ecke kommt, wo mit einem „Moin“ schon alles geklärt ist. Mit Alex Meier geht vielleicht der letzte seiner Art in Rente. Leise, stark, treu, beliebt für alles, nicht nur seine Tore. Der letzte echte Fußballgott. 1,96 Meter, bescheiden, höflich, herzlich. Die klare Kante.

Wenn du bei St. Pauli spielst und deine ersten beiden Bundesliga-Spiele gegen den HSV und Werder machst, kannst du eigentlich direkt wieder aufhören. Er tat es zum Glück nicht. Damals, als die Spieler auf der anderen Seite noch Namen hatten wie Bernd Hollerbach, Frank Verlaat und Oliver Kahn. Seine Art zu spielen war speziell. Nicht der feine Fuß, aber dennoch immer gut für ein schönes Tor. Kein dynamischer Antritt, aber trotzdem oft genug da, wo ein Stürmer stehen muss. Fast teilnahmslos stand er manchmal herum, wie ein Junge, der eigentlich lieber ins Freibad gegangen wäre, statt zu kicken. Alles nur, um ein paar Sekunden später zum Jubel abzudrehen. Vielleicht war es auch diese Art zu spielen, als könnte man ihm beim Laufen neue Stollen aufziehen, die ihm manchmal die entscheidende Sekunde Vorsprung gab. In Frankfurt erkannten sie auf jeden Fall schnell, dass Meier eine Knipser in Körper einer Schlaftablette ist und holten ihn an den Main.

Alex Meier: Kein Tor in Rio, kein Tor in Wembley, Torschützenkönig, kein Länderspiel
Selbst wenn man kein Eintracht-Fan ist, so hat man doch auch als gemeiner Fußballfan eine ganze Landung Meier-Moment gespeichert. Sein 2:0 beim Aufstieg 2005, seine 17 Kisten beim zweiten Aufstieg 2012, als er sich mit Legenden wie Olivier Occean und Nick Porschwitz die Kanone teilte. Seine 19 Bundesliga-Bunden 2014/15 – mehr als Aubameyang, Lewandowski und Robben – obwohl er die letzten sieben Spiele fehlte. Das Plakat der Eintracht-Spieler zum Saisonfinale mit „What if god was one of us – #AMFG14“. Seine Buden beim bitteren 3:3 in der KO-Runde gegen Porto – was für ein Spiel. Sein zweiter Platz in der Torjägerliste im Europapokal. Gleichauf mit Paco Alcacer und Jermain Defoe. Dieses eine letzte Comeback im Adler-Trikot. Ausgerechnet gegen den HSV. Rein. Traumtor. Eskalation. Seine ersten Einsätze für Pauli, direkt wieder mit Toren. Kein Tor in Rio, kein Tor im Wembley und trotzdem so viele Erinnerungen an den Funkturm. Torschützenkönig und kein Länderspiel. Ein Wahnsinn eigentlich. 19 Jahre, 458 Pflichtspiele, 152 Tore. Scheiß auf den DFB-Trainingsanzug vom Quali-Spiel gegen Malta.

Wenn man ehrlich ist, wird Alex Meier auf dem Feld kaum vermisst werden. Die Büffelherde hat seine Fußspuren im Eintracht-Sturm zertrampelt. Schon beim Pokalsieg war er nur Edel-Zuschauer, lobte am Römer fast kleinlaut die anderen Jungs und rang sich dann doch zu einem „Und noch: Wer nicht hüpft, ist Offenbacher, hey, hey!“ durch. Wehmütig, wissend, dass er da schon irgendwie auf Abschiedstour war. Trotzdem noch mit ganz viel Bock auf Buden. In Australien feststellen, dass man keine Lust mehr hat seinen Beruf auszuüben – das kannte man bisher nur von Dschungelcampern. Er freut sich, weil er jetzt machen kann, was er will. Fußball als Fan schauen. Einen Job bei der Eintracht annehmen. Lieber auf dem Platz als im Büro. Der Funkturm, der einst ein „Mast have“ war, ist lange ersetzt. Der Fußballgott, zu dem ihn Fans und Kollegen auserkoren haben, wird immer ein wichtiger Teil der SGE-Geschichte sein. Kein Drama, kein Skandal, in der Mixed Zone so unauffällig, als wäre er studentische Aushilfe bei der Sportschau. Ecken und Kanten, ohne anzuecken. Und Tore. Viele Tore. Mit dem Fuß, mit dem Kopf – sogar mit dem Zopf.

Für Alex Meier wurde nie eine siebenstellige Ablösesumme gezahlt. Aber hey, das wurde es für Messi ja auch nicht.

Vielleicht sollte man langsam auch mal die Tradition einführen, dass Trikotnummern bei Vereinen nicht mehr vergeben werden. Die 14 von Alex Meier wäre ein guter Anfang. Mach’s gut, Fußballgott!


Von Thomas Poppe
(kein Tor in Rio, kein Tor in Wembley, kein Länderspiel, kein Zopf, kein Skandal – aber immerhin FUMS, Anm. d. Red.)