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Ich habe noch nie verstanden, was es mir bringen soll, wenn ich irgendwo Erste bin

Katrin Müller-Hohenstein moderiert seit 2006 das „aktuelle sportstudio“ im ZDF und ist regelmäßig im Einsatz, wenn irgendwo auf dem Globus Fußballwelt- und -Europameisterschaften sowie Olympische Spiele ausgetragen werden. Wir haben „KMH“ zum großen Interview getroffen. Ein Gespräch über das Erringen von Podiumsplätzen, die Bedeutung von Sozialen Medien für Moderatoren, über struppige Wölfe in Sotschi und über die berühmt-berüchtigten ZDF-Strandläufer.


FUMS: FUMS trifft Katrin Müller-Hohenstein! Schön, dass es geklappt hat…
KMH:
Ich kenne euch gut von Twitter, das nutze ich intensiv, bin aber selber dort nicht zu finden.

Okay, interessant…
Das betrifft übrigens alle Social Media-Kanäle, die ich natürlich für meine Arbeit brauche. Deswegen schaue ich da rein. An einem ausgedehnten Wintersporttag im ZDF z.B. schaue ich schon auch mal bei den Herren Neureuther oder Loch auf Instagram vorbei, die sind da ja immer sehr aktiv. Mit den Inhalten reichere ich unsere Berichterstattung dann ein wenig an, das gehört ja mittlerweile schon zum Standard und ich finde das auch super, aber ich selber würde verrückt werden.

Irgendwann einmal probiert…?
Nein.

…oder von Anfang an gewusst, dass es nichts für dich ist?
Ich finde es in meiner Position total albern. Ich brauche es nicht. Es ist im Prinzip einfach nur eine Plattform, auf der man sich darstellt. Und ich habe noch nie dazu geneigt, mich darstellen zu wollen. Ich habe ein paar Freundinnen, die das für sich nutzen und da denke ich mir oft: Was macht ihr da eigentlich? Könnt ihr euch nicht einfach mal hinsetzen und den Tag genießen? Irgendwann im Urlaub meinte dann eine Freundin: Wir müssen jetzt eine Insta-Story machen. Da habe ich gesagt: Nein, das müssen wir jetzt nicht machen (lacht).

Die einzige Instagram-Story, die ich einmal freiwillig gemacht habe, war tatsächlich mit Rene Adler, der meinen Koffer entdeckt hat, wo ein HSV-Aufkleber drauf ist, den mein Sohn mir irgendwann mal da drauf geklebt hat, und den er ganz spitze fand.“

Hahaha…was für ein Sohn. Aktiv im Social Web aber selbst als Person nicht auffindbar ist das ein Modell, das andere Kollegen auch so praktizieren?
Ach, doch – da kenne ich etliche. Ich war tatsächlich auch mal öffentlich dort, weil irgendjemand meinte, er müsste für mich einen Instagram-Account erstellen. War gar nicht so leicht, den wieder zu löschen, weil man sich mit einem Foto und einem Ausweis verifizieren muss, aber: jetzt wird es richtig absurd: Ich hätte mich davor bei Instagram anmelden müssen. Am Ende haben
wir es dann geklärt, aber ich möchte gar nicht wissen, was da noch alles an Fake-Profilen unterwegs ist. Ganz gruselig.

Hast du das Gefühl, dass es bei der Berücksichtigung von Moderatoren beim Sender eine größere Rolle spielt, wie sehr man im Social Web als Person aufgestellt ist?
Beim ZDF ist das nicht so, ich bin mir aber relativ sicher, dass es bei anderen Sendern so ist. Wir haben eine super Online-Redaktion, wenn am Samstagabend beispielsweise ein Studiogast da ist, dann treffe ich den in der Regel vorher, wir machen ein Foto und dann stellt die Redaktion das online und damit ist die Sache erledigt.

Das reicht anderen Sendern aber noch lange nicht, die wissen natürlich, dass wenn du diese Inhalte noch zusätzlich über deinen 100.000-Follower-Account ziehst, sie gegebenenfalls besser funktionieren…
Ich bin aber nicht privat beim ZDF, sondern ich arbeite für die. Für alles andere haben sie ihre Abteilungen und das machen die auch gut.

Wie blickst du auf die Sportmedien-Landschaft aktuell? Gerade vor dem Hintergrund, dass viele junge Wilde nachrücken und sich gerne auch von Beginn an ein wenig selbst inszenieren?
Ich sag es mal so: Wenn ich von Beginn an merke, dass sich jemand geil findet, dann bin ich sofort weg. Das kann ich ganz schwer ertragen. Da sind ein paar hervorragende Leute dabei, aber ich hinterfrage auch gleichzeitig immer die Motivation. Wenn ich das Gefühl habe, da sucht jemand eine Plattform, um sich selbst zu präsentieren, dann kriege ich ein Problem damit.

„Wenn Menschen länger in der Maske brauchen als für die eigentliche Vorbereitung auf ein sportliches Event, dann läuft doch irgendwas verkehrt.“

Es verschiebt sich gerade gefühlt wenn man teilweise sieht, was im Rahmen einer Berichterstattung parallel noch auf Instagram passiert, da kann der Einzelne gar nicht mehr zu einhundert Prozent fokussiert sein auf die wesentliche Arbeit.
Ich muss dazu sagen: Ich weiß gar nicht, wann ich das noch machen soll. Es ist sehr aufwändig und anstrengend, eine Sendung vorzubereiten. Wenn ich da noch posten müsste – ich sage es mal so: Vielleicht können das einige. Ich kann es nicht.

Vor der WM haben wir Béla Réthy getroffen, der mit Internet, Shitstorm und Co. ebenfalls sehr entspannt umgeht, obwohl gerade er ja oftmals zur Zielscheibe derer wird, die sich im Netz unangemessen auslassen…
Ja, wobei: ganz ehrlich, Freunde, es geht ja jedem so, der in irgendeiner Form öffentlich auftritt. Shitstorm – ich kann das Wort nicht mehr hören. Es steht einfach in keinem Verhältnis zu dem, was tatsächlich die Meinung der Zuschauer ist. Es ist lediglich eine Spitze, die sich im Internet bewegt und lospoltert. Leider gibt es genug „Journalisten“, die sich mit Vergnügen darauf stürzen. Die verdienen ihr Geld damit, indem sie ihre Artikel damit füllen, meist einfach nur mit Copy-Paste. Das finde ich niederträchtig. Ich kann das überhaupt nicht ernst nehmen, deswegen können wir das Thema eigentlich jetzt auch beenden.

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Lass uns sehr gerne über dich sprechen seit 13 Jahren bist du Moderatorin des Aktuellen Sportstudios im ZDF.
Ihr dürft mir gratulieren. Es sind genau heute (das Interview wurde geführt am 28.1.2019, Anm. d. Red.) 13 Jahre. Heute vor 13 Jahren hatte ich meine erste Sendung. Ich weiß es, weil meine Tante heute Geburtstag hat. 2006 war meine erste Sendung. Und ich weiß mittlerweile auch, dass ich demnächst meine 200ste Sendung habe.

Damit gehörst du zu den Top Five der Sportstudio-Moderatoren mit den meisten Sendungen: Steinbrecher, Kürten, Valérien, Poschmann, KMH.
Irre, oder? Ich glaube, die meisten hat Michael Steinbrecher.

Hier bei uns kannst du es ja exklusiv verraten: Wo soll die Reise noch hingehen? Gibt es Ambitionen, da die Nummer 1 zu werden?
Ach (schmunzelt). So, jetzt verrate ich euch mal etwas: Ich habe noch nie verstanden, was es mir bringen soll, wenn ich irgendwo die Erste bin. Ich weiß nicht, ob ich da zu wenig ehrgeizig bin oder ob mir da irgendetwas fehlt. Ich habe noch nie irgendwo gewinnen müssen, ich will immer nur mit mir selber zufrieden sein und Spaß haben. Mit meinem Sohn, meiner Familie, meinem Hund, meinem Haus, meinen Freunden – das ist das Leben, das ich führen möchte. Ich muss nicht die Erste sein.

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