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Um Niko Kovac zu zitieren: Stand jetzt ist es meine letzte WM

Wir treffen ZDF-Kommentator Béla Réthy wenige Tage vor seinem Abflug nach Russland in Wiesbaden in der Bastion von Schöneborn. Réthy wirkt locker und entspannt, weist aber auch darauf hin, dass er „gleich noch T-Shirts und eine Powerbank für die WM“ kaufen müsse. Bisschen Kleinkram eben. Wir setzen uns und sprechen über verdrehte Spielernamen, Hasskommentare, FUMS-Arbeitsnachweise und das Turnier in Russland, das vermutlich seine letzte Weltmeisterschaft sein wird.


Béla, die WM steht vor der Tür. Bist du noch aufgeregt, angespannt, voller Vorfreude oder ist es für dich ein Turnier wie die vielen anderen zuvor auch?
Es ist etwas Besonderes, total. Die WM war immer der große Traum. Weil es in so vielen verschiedenen Ländern stattfindet, in so vielen verschiedenen Kulturkreisen. Das ist immer wie neu. Zumal immer vier Jahre dazwischen sind. Die jetzige WM in Russland wird überhaupt nicht vergleichbar sein mit der WM in Brasilien. Das ist meine neunte WM jetzt, meine siebte schon als Kommentator. Die erste habe ich 1994 in Amerika kommentiert.

Du bist jetzt vier, fünf Wochen komplett in Russland, wie ist das für dich? Kommst du zwischendurch mal für ein, zwei Tage nach Hause geflogen?
Nein, ich bin die komplette Zeit vor Ort. Es ist auch nicht gut, als Kommentator nach Hause zu fliegen, weil man so rauskommt. Man kommt schnell in diese deutsche Atmosphäre rein im Rhein-Main-Gebiet, aber ich will ja andere Spiele gucken, ich will das erleben. Wenn man bisschen Zeit hat, dann geht man bisschen durch die Stadt und schaut sich andere Leute an, oder man geht abends ins Pub, das voll ist mit Kroaten, Brasilianer, Argentinier, Japaner…die erzählen dir alle schöne Geschichten.

„Die EM 2020 finde ich ein bisschen blöd, weil es gibt keinen Kern. Es gibt kein Kernland, wo die Menschen sich begegnen können.“

Die EM 2012 in Polen, das war ein geiles Land. Warschau, Danzig…da haben wir so viel Spaß gehabt, das hat fast weh getan, heimzufahren.

Du bist in Russland vor Ort. Vor dem Turnier war zu lesen, dass ARD und ZDF aus logistischen und finanziellen Gründen die Moderatoren und Experten „Zuhause“ lassen. Wie wichtig ist es für dich, live vor Ort zu sein?
Das ist ein großes Privileg, finde ich. Im Vergleich zu Sky beispielsweise. Dass die Reporter des öffentlich-rechtlichen Fernsehens live vor Ort sind. Immer. In jedem Stadion.

Würdest du mitgehen, wenn wir sagen: Der Zuschauer merkt es nicht immer zwingend?
Würde ich nicht mitgehen. Ich merke es selber, wenn Kollegen rumspekulieren. Mit Auswechslungen, mit gelben Karten, mit taktischen Interpretationen. Da fehlen 20 Meter links und rechts. Im Stadion siehst du mehr. Wenn eine gute Reportage gelingen soll, muss man auch mal weg vom Ball gucken. Die Atmosphäre schildern. Oder was der Kollege Oliver Schmidt geschafft hat bei der Euro 2016, als die UEFA sich ausgeblendet hat, als die Hooligans in Marseille aufeinander los sind, das konnte er einfach schildern. Die Atmosphäre, der Ton, die Gesänge, sowas kann man aus dem Keller nicht so rüberbringen. Natürlich würden sich die Zuschauer das auch so angucken, aber… anders ist besser.

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Das ZDF-WM-Kommentatoren-Team besteht aus Oli Schmidt, Claudia Neumann, Martin Schneider, Béla Réthy. Bist du weiterhin die Nummer 1 in diesem Gefüge, der Mann für die Topspiele?
Ja, es ist schon so, dass wir das mit Oliver Schmidt jetzt fast aufteilen, fast Eins zu Eins. Ich habe so diesen Elder Statesman Status, ich bin schon unheimlich lange dabei. Also wir sind so 1a und 1b.

Ist diese Rangordnung etwas, das dich bestärkt? Brauchst du das?
Nein. Ich sags mal so: Das ist die Genese gewesen, das kommt einfach so. Überlegt mal:

Ich habe zwei WM-Endspiele kommentiert, drei EM-Endspiele, vier Champions-League-Finals, sieben Weltmeisterschaften…also…das muss ja irgendeinen Grund gegeben haben dafür (lacht). Aber ich brauche keinen Status.

Das ZDF muss ja auch schauen, dass sie auf lange Sicht – mit Verlaub – Nachfolger parat haben.
Der Oli Schmidt hat ja schon große Spiele gemacht, 2017 das CL-Finale, EM-Halbfinals, WM-Halbfinals. Wenn er da für ein großes Finalspiel eingeteilt wird, dann hat das schon seine Richtigkeit. Ich habe schon so viel gemacht, das nimmt mir keiner mehr.

Wir hier bei FUMS haben uns 2014 sehr gefreut, als du das 7:1 Deutschland vs. Brasilien bei der WM kommentiert hast, Halbfinale. Das Finale gegen Argentinien lief dann in der ARD. Aber wenige Wochen später durftest du im Rahmen eines Freundschaftsspiels dann auch noch einmal ran bei Deutschland vs. Argentinien, das Finale im Réthy-Style quasi…
Ja, genau (schmunzelt), da habe ich das Finale nochmal nachkommentiert. Das hatten die ja schon vorher terminiert alles – dass es dann die WM-Final-Paarung war, das hatte schon was, ja. Ich war ja im Maracana beim Finale als Zuschauer, da habe ich die ARD-Reportage gar nicht gehört, nur den berühmten Tom-Satz (Finalkommentator Tom Bartels, Anm. d. Red.), der ja oft genug gelaufen ist.

Wie sehr achtest du auf die Kommentare der Kollegen, wenn du privat Fußball schaust?
Ich weiß, dass es zum Fußball dazu gehört. Aber ich achte nicht besonders drauf, weil ich einfach viel zu sehr selbst weiß, was da gerade passiert. Ich liebe Fußball. Fußball ist mein Hobby. Fußball schauen und Fußball arbeiten sind zwei völlig verschiedene Dinge. Ich gehe auch in die dritte Liga, mal nach Wehen-Wiesbaden, mit meinem Sohn. Oder hier mal privat zur Eintracht. Dann esse ich eine Wurst, hole mir ein Pils und quatsche mit meinen Nachbarn. Das ist für mich Freizeitgestaltung, da kann ich abschalten.

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Hat der Fußball von seinem Zauber verloren für jemanden, der schon so lange dabei ist wie du? Wie empfindest du diese ganzen Entwicklungen um Videoschiedsrichter, Torlinientechnik, Korruptionsvorwürfe und alles, was da noch so dranhängt?
Ich mache da eine Unterscheidung zwischen dem ganzen Brimborium und dem Sport an sich. Ich unterscheide zwischen den Verdachtsmomenten der Korruptionsaffäre zur WM 2006 und dem Sommermärchen. Es war ein geiler Sommer. Was da hinter den Kulissen passiert ist, spielt auch eine große Rolle, aber nicht in dem Zusammenhang. (…). Dieses ganze hochpolierte Drumherum am Fußball, das gefällt mir auch nicht. Bei Rudelbildung bei FIFA- Turnieren, da fährt die Kamera heutzutage hoch, als würde gleich die Krim-Krise ausbrechen. Also das ist absolut überflüssig. Und schadet, weil die Emotionen dadurch wegpoliert werden. Das ist wie in Photoshop.

Photoshop bildet auch nicht die Wirklichkeit ab, sondern da werden die Menschen schöner. Die sind nicht so schön. Nicht alle (lacht).

Wir haben vor ein paar Wochen mit Jörg Dahlmann gesprochen, der erzählte uns, er sei der Taufpate deiner Tochter. Was ist denn da schiefgelaufen?
Wir haben zusammen angefangen beim ZDF. Das ist ein sehr guter Freund von mir, netter Kerl. Ich mag Jörg.

Jörg Dahlmann hat gesagt, er vermisst die alten Typen wie Rolf Töpperwien. Wie ist es mit dir? Fehlt dir Poschi?
Naja, Töppi war ja eher der rasende Reporter, eine Marke. Der war ja selten Live-Kommentator, sondern eher so der Wadenbeißer. Also allein die Tatsache….mal als Beispiel: Bei einem Bundesligaspiel schießt Aubameyang drei Tore und Mats Hummels fliegt vom Platz – und zum Interview bekommst du als Reporter Sokratis und Ginter gestellt. Und dann heißt es vom Verein: „Heute sprechen nur die.“ Ja, gut. Die interessiert aber kein Mensch heute. Diese Regularien in den Presseabteilungen sind schon sehr anstrengend. Als ginge es um die Wasserstoffbombe. Es geht doch um ein Fußballspiel. Wir wollen ja keine Staatsgeheimnisse dritten Grades da rauskitzeln.

Dass der Özil sich jetzt versteckt, weil er keinen Bock hat, über Erdogan zu reden – geschenkt.

Béla, wir müssen auch über Kritik und negative Resonanzen sprechen. Du kennst FUMS, wir machen diese Arbeitsnachweise – und müssen einmal klarstellen, dass wir damit keinen Nährboden liefern wollen für die Hater, damit diese dich noch mehr abkanzeln können….
Einschub: Ich fühle mich gar nicht abgekanzelt. Das ist maßlos überbewertet von den Akteuren. Die empfinden sich als Macht, als Menge, die es nicht ist. Das ist ein irrelevantes Nebenprodukt. Man gewöhnt sich natürlich daran, am Anfang ist es seltsam, weil ungerecht und nicht begründet.

Was ist das denn für eine Kultur? Einfach nur jemandem ans Bein pinkeln? Wozu? So bin ich nicht erzogen worden. Das hat mit Manieren was zu tun.

Aber dass man sich da so als große Mehrheit empfindet, wenn da von 30 Millionen Zuschauern ein paar Hundert herum twittern…das ist ein Witz. Das hat inhaltlich und quantitativ keinerlei Bedeutung für unsere Arbeit. Und das ist meine Antwort darauf.

Nicht jeder deiner Kommentatoren- und Reporterkollegen geht damit so locker um wie du…
Weil sie es überbewerten. Deswegen wäre mein Rat auch an die Kollegen, das würde ich komplett ausblenden. Ich sage euch eins: Ich bin seit 1985 in der Bundesliga unterwegs, ich habe in keiner einzigen Situation – man läuft durch alle Stadien, München, Dortmund – in keiner einzigen, wohlgemerkt: keine einzige Situation erlebt, wo ich persönlich von jemandem negativ angesprochen wurde. Wofür spricht das?

Entweder spricht das für dich – oder aber die Leute kennen dich einfach nicht.
Oh, die kennen mich. „Béla, komm her, Selfie. Ähhh…willst du ein Bier? Willst ne Wurst?“ Die Post kann ich gar nicht komplett beantworten, quillt über.

Und dann hört man von Marcel Reif, dass er in Dortmund angegriffen wird. Was denkst du da?
Ich finde das zum Kotzen. Es ist Fußball. Der hat nix verbrochen, der Reif. Vielleicht hat ein paar Leuten ein Kommentar nicht gefallen. So what? Wovon erzählen wir denn? Aber wir können das ausweiten auf alle Lebenslagen.

Die Qualität von Kommentaren im Internet zu Politik, Kultur, Gesellschaft…da muss man sich duschen hinterher.

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Viele Zeitungen haben nach 22 Uhr ihre Kommentarfunktion eingestellt, weil der Pegel da schon so hoch ist, dass da nur noch Quatsch kommt. Soll man sich damit beschäftigen? Dann bin ich damit ehrlich gesagt überfordert (lacht).

Wenn die eigenen Kollegen angegangen werden, ist das nie schön – Stichwort Claudia Neumann.
Nur weil sie eine Frau ist…sie hat nichts gemacht, sie ist fachlich eine hervorragende Kollegin. Man kann ja sagen: „Mir gefällt keine weibliche Stimme beim Fußball.“ Das ist eine zulässige Meinung. Mehr ist aber nicht zulässig.

Was sind eure Gedanken im Team? Sprecht ihr über drüber? Ihr wisst: In den kommenden vier Wochen bei der WM ist der Fokus wieder voll auf euch gerichtet…
Joa…überraschend wenig. Ich habe mich neulich mit Tom (Bartels, Anm. d. Red.) unterhalten. Der hat gesagt: „Am 16. Juni geht’s wieder los, da lassen wir uns wieder vier Wochen lang durchbeleidigen (lacht).“

Schön, wenn da eine gewisse Selbstironie und Sarkasmus dabei ist.
Ja. Man kann das nicht ernstnehmen. Es ist Geschmackssache. Alle Kollegen machen da senderübergreifend sehr, sehr gute Arbeit. Fußballübertragungen sind viel, viel schwieriger geworden als in den 70er, 80er Jahren. Heute wissen die Zuschauer ja alles durch das Internet, du hast als Reporter kein Alleinherrschaftswissen mehr.

Wir haben uns bei FUMS hier auch selbst hinterfragt, inwiefern wir mit unseren Arbeitsnachweisen zu negativem Feedback beitragen. Da kommen dann Leute an und sagen: „Klar ist der Réthy blöd und hat keine Ahnung, eure Arbeitsnachweise bestätigen es doch.“
Die Arbeitsnachweise bestätigen gar nix, das ist doch witzig. Das sind herausgelöste Wörter aus dem Zusammenhang. FUMS hat mich nie gestört (lacht). Übrigens: Wenn man so einzelne Wörter aus einem Satz herauslöst, wirkt es ja immer skurriler. Insofern ist es ja nicht ganz authentisch, es ist ein Gag.

Wir sind in der Vorbereitung auf dieses Gespräch auf zwei Tweets beziehungsweise Rückmeldungen gestoßen. Hast du davon gehört, dass SPD-Politiker Kevin Kühnert sich gegen dich geäußert hat?
Ah, ja, habe ich mitbekommen von einem Kollegen. Dass ich hätte besser Einreiseverbot nach Russland haben sollen, ja… der Kühnert ist ein Super-Demokrat (lacht). Er ist noch jung. Er muss noch viel lernen. Geschenkt.

Frank Rosin ist nicht mehr ganz so jung…
Fand der irgendwas nicht gut, ja?

Schreibt via Twitter, ob Béla Réthy selbst Bundestrainer sei, es klänge so.
Das ist eine mögliche Kritik, die man so annehmen kann. Vielleicht fand er meine Analyse zu fachlich.

Zitat: „Alta, geht der mir auf den Sack.“
Ich würde gerne dagegenhalten, aber ich kenne Frank Rosins Küche nicht (lacht). Ich hoffe, er kocht besser, als er argumentiert.

Eines deiner Markenzeichen ist, dass du immer sehr schön herausarbeitest, wie alt ein Spieler ist und wo er herkommt…
Ich finde, das ist eine Kerninformation. Es ist ein Unterschied, ob Stephan Lichtsteiner in der Schweiz seit dem 17. Jahr Profi ist und 102 Länderspiele hat oder ob ein Rookie seine Position bedroht oder bedrängt. Das gehört zum Teil der Wertung. Aber vielleicht kann ich es seltener sagen, da habt ihr Recht (lacht laut).

Wie hast du von FUMS erstmals gehört, erinnerst du dich daran?
Der Sohnemann hat mir das damals gezeigt: „Du, Papa, hier steht was über dich.“ Der ist ja ein Digital Native, Jahrgang 93, fast schon zu alt für Digital Native…

Wir sind ja der festen Überzeugung, dass du anhand unserer Arbeitsnachweise deinen Stil verändert hast. Hat die ZDF- Sportredaktion dir mal unsere BélaBingos vorgelegt und im darauffolgenden Spiel hast du bestimmte Begrifflichkeiten extra nicht genannt?
Ich habe nicht draufgeschaut, nein. Ich hatte das völlig vergessen. Unsere Onliner wollten da so einen kleinen Spaß machen und die haben mich gefragt, ob ich da mitmache. Da habe ich gesagt:

Ich mache jeden Scheiß mit. Wenn es euch hilft…ich habe ja Humor. Es geht ja um Fußball und nicht um die Wasserstoffbombe.

Wenn mich das wirklich treffen und verletzten würde, dann würde ich das nicht machen. Dann würde ich aufhören.

Würdest du dir wünschen, dass Kommentatoren und Moderatoren auch ein wenig mehr in der Öffentlichkeit stünden? Profisportler werden befragt und fotografiert an jeder Ecke…
Das wäre nicht schlecht. Ein bisschen mehr Respekt wäre manchmal nicht schlecht, wir arbeiten sauviel. Es ist unglaublich viel Arbeit, ein Fußballspiel vorzubereiten. Du schaffst dir sehr viel Zeug drauf. Tagelang schaue ich mir für die WM jetzt schon irgendwelche DVD’s an über das Anlaufverhalten von Brasilien und Serbien im Mittelfeld. Das ist wichtig, die Dienstleistung muss ja auch stimmen.

Gibt es Feedback-Gespräche vom Sender mit euch Kommentatoren?
Wenig. Eigentlich nur, wenn wir Fehler gemacht haben. Da geht es dann um den Reportage-Charakter und weniger darum, ob ich fünf oder neun Mal „Übrigens“ gesagt habe…

Lieblingsthema: Spielernamen.
Ich spreche ein paar Sprachen, also eigentlich…manchmal wird mir vorgeworfen, dass ich portugiesische Namen falsch ausspreche. Das kann nicht sein, da habe ich meine Grundschule gemacht.

Also wir nehmen zur Kenntnis, dass du Fußball-Deutschland erklärst, wie Dimitri Payet ausgesprochen wird. Allein es bleibt die Tatsache, dass am Ende trotzdem 90% der Fußballfans sagen: Ach, der quatscht da wieder dummes Zeug…
Gegenfrage: Soll ich deshalb den Namen absichtlich falsch aussprechen? Damit Leute, die das nicht wissen, zufrieden sind?

Um Gottes Willen. Fritz von Thurn und Taxis hat im FUMS- Interview mal gesagt: „Manchmal spreche ich Spielernamen einfach so aus, wie sie mir am besten gefallen.“
Ja, ok… (lacht). Interessant wird es beim Nationaltrainer von Brasilien. Das ist ein bisschen so wie bei Grafite, der heißt Tite [sprich: ˈtʃitʃi], also da werde ich beim ersten Brasilien-Spiel sagen, dass er in Brasilien Tit- schi ausgesprochen wird, aber es ist ein bisschen kompliziert. Tité wäre auf jeden Fall falsch, vielleicht einigen wir uns auf die Mittellösung Tite.

Spielernamen und Béla Réthy – das ist einfach eine ganz eigene Geschichte. Du hast aus Khedira Khedari gemacht, aus Schweinsteiger Steinschweiger, aus Goretzka Goretzke und aus dem vielleicht bekanntesten Mannschaftsarzt des Fußballs Doktor Müller Vollfahrt.
Ja, das sind mal Versprecher. Das sind Dreher. Für euch natürlich klasse: „Jetzt hat er es gesagt, ZACK.“

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Hab Nachsicht mit uns. Unvergessen auch der Ex-Bayern-Profi Douglas Costa, der bei dir schon alles war: Doglas Costa, Duglas Costa, Dagläs Closta, Dackläss Costa…
Ich glaube, bei Steinschweiger fanden es die meisten noch ganz lustig. Ja, letztendlich bin ich der am Ende der Nahrungskette und es fällt auf mich zurück, das ist mir völlig klar.

Lass uns noch kurz über deine Zukunft sprechen. Das ZDF hat die Rechte für die Champions League verloren. War das Finale Real Madrid vs. Liverpool FC dein letztes Champions League Spiel?
Wenn wir die Rechte in drei Jahren nicht zurückbekommen, dann sieht es danach aus, ja.

Du hast mal gesagt, 2022 soll Schluss sein. Ist das in Stein gemeißelt?
Nein, in Stein gemeißelt ist nichts, aber: jetzt offiziell in Rente gehen würde ich im November 2022. Wenn das ZDF sagt, mach nochmal die WM in Katar, bleib nochmal die vier Wochen hier….

Wir haben dieses Interview mit dir hier auch vereinbart, weil wir dachten, es könnte deine letzte WM als Kommentator sein.
Das ist vermutlich auch so. Um Niko Kovac zu zitieren: Stand jetzt ist es meine letzte WM. Man sieht ja, was aus Kovac geworden ist. Er ist nicht mehr in Frankfurt.

Aber du kannst doch nicht heute schon sagen, was in 2022 ist. Vielleicht wechselst du ja auch nochmal den Sender…
Da würde ich vermutlich eher was anderes machen, in Produktionsfirmen arbeiten, ein paar Projekte angehen, ich kenne mittlerweile ja schon ein paar Menschen. Aber das weiß ich alles noch nicht.

Keine Champions League mehr, die letzte WM – das klingt alles schon deutlich mehr nach Abschied als es eigentlich ist. Du bist ja noch drei, vier Jahre da.
Jaja. Wir haben die neue Nations League ab 2018/2019, Bundesliga, die Abendspiele, aber klar: da ich 61 bin, habe ich weniger vor mir als hinter mir.

Seit 1992 bist du als Live-Reporter beim ZDF – das ist quasi das, was man heutzutage Vereinstreue nennen würde.
Genau so. Charly Körbel des Fernsehens.

Nie andere Angebote bekommen?
Doch, doch, mehrere. Ich habe auch Gespräche geführt, klar. Aber ich bin ja so ein – ja, wie soll ich das ausdrücken – ich bin dort ausgebildet worden. Ich habe da eine gewisse Verbundenheit. Ich bin ein Familien- Typ. Ich kenne da jede Kabelhilfe. Das ist ein guter Arbeitgeber, ich kann davon gut leben. Ich habe nicht nur Fußball gemacht, ich war Programmchef bei der Tour de France oder habe Olympia gemacht. Ich sah nie die Notwendigkeit, gehen zu müssen. Es gab drei, vier Möglichkeiten, es zu tun. Aber es hat immer der Bauch entschieden.

Béla Réthy, vielen Dank für das Interview.
Gerne doch. Ich bin auf den ersten Arbeitsnachweis bei der WM gespannt, Frankreich gegen Australien. Ihr könnt schon mal das Wort „Finale“ aufnehmen ins Bingo.

Das weißt du heute schon?
Ja, Didier Deschamps war in einem WM-Finale und Bert van Marwijk auch. Der eine war Kapitän des Weltmeisters, der andere war Trainer von Holland 2010. Das Wort Finale ist gesetzt.


Interview: Leon Herzog & Cord Sauer | Fotos: Max Hartmann 

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