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Schwuppdijupp! Warum Bayern gerade falsch pokert

Poppe wieder! Der FC Bayern und sein Trainer-„Problem“. Nagelsmann, Tuchel, Hasenhüttl, Kovac? Kloppo? Oder doch wieder ein „Welttrainer“ aus Spanien oder Italien? Die aktuelle Posse rund um einen der begehrtesten Posten der Liga ist eigentlich kaum auszuhalten, findet unser Autor Thomas Poppe und vermisst beim Rekordmeister den nötigen Weitblick.


Dem FC Bayern geht es gerade so gut, wie man es sich noch vor ein paar Monaten nicht hätte träumen können. Vergessen die Ancelotti-Zeit, in der Paris den FCB so verprügelte, dass man mit einer Anzeige wegen Körperverletzung durchgekommen wäre. Vorbei die Tage, an denen bei einem Remis in der Allianz Arena der VfL Wolfsburg mit hängenden Köpfen vom Feld ging, weil „irgendwie mehr als nur ein Punkt drin gewesen wäre“. Aus der Albtraum, als man fünf Punkte hinter dem BVB stand und den Atem von Augsburg und Hannover im Nacken spürte.

Diesandie, in Europa gefürchtet, im Pokal gefühlt in Berlin und in der Meisterschaft auf dem Weg, sich März-Meister-2018-Shirts drucken zu lassen. Mit Jupp Heynckes hat man sich per Zeitmaschine mal eben ins Jahr 2013 gebeamt – aber eben nur auf Leihbasis. Und statt einen FC Bayern 2020 auf den Weg zu bringen, will man den Leasing-Vertrag mit der Zeitmaschine mit aller Macht verlängern. „Wir haben entschieden, dass wir einen deutschen Trainer wollen. Heynckes wäre der idealste deutsche Trainer“, hat Kalle Rummenigge diese Woche bei Wonti verlauten lassen. Eine Aussage, so smart wie im Schalke-Trikot durch Lüdenscheid zu rennen und das Ebbe Sand-Lied zu singen. Oder eine geschenkte Rolex nicht zu verzollen. Oder so.

Müller ist wieder Müller, aber…
Als würde man beim Poker rufen „Seht mal alle her, hier meine Karte, ich hab einen Buben und eine Dame und würde All In gehen!“ Sicher, der Jupp hat’s verdient, den Bauch gepinselt zu bekommen. Ja, das ist Bayern, kann ich auch trainieren – sagen jetzt einige. Aber ein Coman kann plötzlich mehr als nur rennen, Ulreich hält Elfer in der Nachspielzeit, James ist jetzt erst angekommen, obwohl er vorher seinen Lieblingstrainer hatte, Müller wieder Müller und irgendwie hat man das Gefühl, man könnte Ribéry in der 20. Minute ein- und in der 25. auswechseln und er wäre nicht sauer. Aber klar ist auch: Jupp will wieder zu Cando und seiner Frau (Reihefolge nicht bekannt).

Für einen, der in der Woche vor dem letzten Spieltag 73 Jahre alt wird, sich nichts mehr beweisen muss und alles mehrfach gewonnen hat, irgendwie auch nachvollziehbar. Und was machen die Bayern-Bosse? Sie buhlen öffentlich um ihn. Jupp oder nix. Heynckes wird genötigt, als würden Eltern ihrem Kind sagen: „Gib der Mama mal einen Kuss, sonst ist sie aber traurig“. Alles in der Hoffnung, noch ein weiteres Jahr lang 2013 in München zu haben, statt etwas zu beginnen, was ein neues 2013 werden könnte. Mit Kalles Aussage stellt man alle Lösungen aus dem Ausland kalt. Macht Tuchel, Nagelsmann und Co. zur Notlösung und nimmt ihnen Kredit, bevor sie ein einziges Training an der Säbener Straße geleitet haben. Und dann steht man im Mai 2019 auf dem Marienplatz, Jupp (dann 74), feiert seine insgesamt 9. Meisterschaft und man hat dasselbe Problem wie im Jahr zuvor.

Ancelotti war eine Entscheidung gegen die Zukunft
Es kann doch nicht sein, dass man sich so auf einen Trainer versteift, der während seiner Amtszeit eines natürlich Todes sterben könnte. Vor allem nicht, wenn man mithalten will, international. Mit den Barcas und Reals, aber auch mit den Paris‘ und Manchesters, die immer mehr werden. Man hatte es versäumt, auf Zukunft zu bauen, als Ancelotti geholt wurde. Man versäumt seit Jahrzehnten, einen Coach oder auch Ex-Spieler über die eigenen Jugendteams heranzuführen und jetzt will man mit aller Gewalt den Cut verschieben. Aber der Cut muss her.

Bei Robben und Ribery, denen man natürlich noch einen Jahresvertrag geben kann, aber eben auch mit der klaren Ansage, dass sie eine Rolle bekommen könnten, die Mehmet Scholl zum Karriereende wie kein Zweiter ausgefüllt hatte. Rein wenn nötig, ansonsten fit bleiben, dem Team helfen und Klappe halten. Aber eben auch bei Jupp Heynckes, der das Wort Freundschaftsdienst ohnehin schon auf ein neues Level gehievt hat. Man könnte mutig sein und einen Nagelsmann probieren, man könnte mit Tuchel einen holen, der das Team noch weiter verbessert und bei dem eher die Persönlichkeit das Hindernis sein könnte. Man könnte sogar etwas total verrücktes versuchen und einen wie Nico Kovac probieren.

Hauptsache keine Buddhas mehr auf dem Trainingsgelände.

Wenn es nicht funktioniert, hat der FCB kaum mehr Probleme als zum aktuellen Zeitpunkt. Aber wenn es klappt, egal mit wem, hat man endlich diesen vielzitierten Cut geschafft, den Verein in eine neue Ära zu bringen. Vielleicht sitzt ja dann 2040 der 88-jährige Uli Hoeneß bei einem Fanclub auf der Weihnachtsfeier und schwärmt von der geilen Phase zwischen 2018 und 2024 und dass er ja in ein oder zwei Jahren dann selbst auch mal in Rente gehen will.


Von Thomas Poppe
(wird niemals in Rente gehen und immer für FUMS schreiben, Anm. d. Red.)