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Bambini-Fußball: Der beste Samstag ever

Poppe wieder! Vergesst Bundesliga, Premier League und Kreisklasse, vergesst Freizeit-Teams und Schoppen-Turniere. Ich habe ihn gefunden – den letzten echten Fußball. Nicht im Dschungel, sondern direkt vor der Haustür: Bambini-Fußball. Liebe auf den ersten Kick quasi. Ich bin jetzt Fanboy und ihr solltet das auch ganz schnell werden.


Mein Sohn ist gerade erst vier Jahre alt geworden. Wäre Regelkunde ein Schulfach, hätte er eine 5-, aber die Kumpels vom Kindergarten kicken, also will er das auch. Die große Skepsis vor dem ersten Training wich schnell als ich sah, dass da gute Jungs als Trainer fungieren. Jungs, die den Kleinen zunächstmal eine gute Zeit und dann nebenbei noch einen guten Schuss verpassen wollen. Pünktlich zum vierten Geburtstag gab es die ersten Kickschuhe, das erste Training im Freien und dann auch noch das erste Turnier mit diversen Nachbardörfern.

Ich rechnete mit dem Schlimmste: wilden Über-Eltern, tretenden Erstklässlern, sieggeilen Coaches.

Was soll ich sagen – der Samstag auf diesem Bambini-Turnier war das Beste, was ich seit langer Zeit in Verbindung mit Fußball erlebt habe. Ein Team musste die Teilnahme kurzfristig absagen, weil wegen eines Kindergeburtstags 90% der Mannschaft ausfielen. Beste Absage ever. An den anwesenden Mannschaften war schnell zu erkennen: Es gibt sie hier schon, die Klischee-Kicker, bei denen du weißt, dass der eine sicher mal eine Kapitänsbinde und der andere einen Kasten Wasser zur Auswechselbank tragen wird. Aber es spielt halt noch keine Rolle, weil die 3-4 Spiele a 10 Minuten eher Beiwerk zwischen Verstecken spielen und Marmorkuchen sind.

Sie sind alle da: Der Verpeilte, der grinsend auf dem Platz steht und den Ball aufs eigene Tor schießt, wenn er endlich mal zufällig vor die Füße fällt. Der Motivierte, der vorne den Ball verliert und ihn hinten holt, um wieder nach vorne zu eilen – und das zwanzig Mal in 10 Minuten. Der Verträumte, der nach dem Spiel einen Strauß Gänseblümchen in der Hand hält und bei der Auswechslung traurig ist, weil da noch „Ungeerntete“ auf dem Rasen sind. Der Keeper, der sich hechtet, wenn der Ball schon im Tor ist und den Abschlag macht, indem er den Ball auf den bereits ausgestreckten Fuß wirft. Der Ängstliche, der schon aus 20 Meter Entfernung die typische Ganzkörperschutzbewegung macht, wie wir sie aus „Völkerball im Schulsport“ kennen. Der Draufgänger, der mit seinen vier Jahren auch einen Pressschlag mit einem Erstklässler (!) nicht scheut. Jedes Team hat diese Charaktere und genau das macht es so liebenswert.

Zurück zu meinem Sohn, der zumindest weiß, auf welches Tor er schießen müsste, wenn er mal einen Ball bekäme.

Seine ersten drei Ballkontakte hat er, weil er beim gegnerischen Abstoß den ruhenden Ball wegkickt. Keiner ist böse – alle lachen über den motivierten Knirps. Die ersten Tore der Teamkollegen bejubelt er teilweise mit dem Zeitversatz eines Webstreams. Alle jubeln? Mach ich auch mal mit!

Während des zweiten Spiels kommt er zu mir, erkundigt sich nach einem Muffin, den er gerne später hätte und geht dann wieder zurück ans Feld.

Fragt man ihn nach seinen Lieblingsspieler, sagt er: Paul, Lukas und Jonas und meint damit nicht Pogba, Podolski und Hector, sondern Paul, Lukas und Jonas. Nur einmal ist er sauer – weil das gemeinsame Hiphip-Hurra nach Spielende vergessen wird.

Das alles funktioniert, weil die Trainer geile Typen sind, die Bock haben Kids eine gute Zeit zu vermitteln. Man einigt sich über die Anzahl der Feldspieler, nimmt den besten Mann runter, wenn man mit 2-3 Toren führt, entscheidet im Zweifel eher für den Gegner, wenn man pfeift und lässt auch den größten Pitschendabber jedes Spiel ein wenig ran – auch wenn er sicher wieder 1-2 Gegentore verschulden wird.

Über-Eltern sucht man vergeblich. Zwischen dem Austausch von Thermomix-Kuchenrezepten muss man die Muttis eher hinweisen, dass der Bub gerade seine erste Hütte gemacht hat. Der Torjubel im Allgemeinen besteht aus „Arm nach oben und laut ‚Jaaaa‘ rufen“. Eigentlich immer und bei allen. Kein Trademark-Move. Es ist alles so schön, weil es einfach nur um Kicken und Spaß haben geht. Bolzplatz mit Trainer. Ich glaube, genau dafür wurde dieses geile Spiel mal erfunden. Ich muss es genießen. Denn schon bei der E-Jugend auf dem Feld nebenan habe ich den ersten Jungen gesehen, der nach jedem seiner 8 Tore den Ronaldo-Jubel gemacht hat und einen übermotivierten Papa vom Gegnerteam, der laut „Hau den jetzt mal um“ hineinrief.


Von Thomas Poppe
(hat noch nie 8 Tore gemacht oder jemanden umgehauen, Anm. d. Red.)

(„Ich hab in der F-Jugend mal 14 Tore in einem Spiel gemacht. True Story“, Anm. Th. Poppe)

 

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