Vom Aussterben bedroht: Kontinuität in der Bundesliga
Sauer wieder. Nach zwei Manager-Entlassungen in der Bundesliga innerhalb von 24 Stunden ist es wieder mal präsent, das Thema Kontinuität. Die Realisten unter euch sind davon einfach nur noch genervt. Aber es gibt sie noch, die Träumer und Romantiker, die sagen: „Wenn der richtige Mann jetzt mal in Ruhe machen darf…“ Bullshit. Cord Sauer mit einem finalen Abgesang auf Geduld, Ruhe und Beständigkeit im Business Bundesliga.
Es ist schon wieder passiert. Diesmal gleich zweimal direkt hintereinander. Beiersdorfer weg! Allofs weg! Ich würde an dieser Stelle gern schreiben, die wievielten Entlassungen es in dieser immer noch nicht einmal zur Hälfte gespielten Saison bereits waren, aber ich habe einfach komplett den Überblick verloren. Waren jedenfalls schon ein paar mehr. Aber hey – postfucktisches Zeitalter. Völlig egal, der wievielte Trainer, Manager oder Sportdirektor bereits gehen musste. Völlig egal, was die Zahlen sagen. Gefühl ist wichtig.
Gut, in Wolfsburg und Hamburg war zuletzt offensichtlich beides scheiße. Mehr Niederlagen und Eskapaden als bei den Lombardis – mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass die wenigstens noch um das Wohl ihres Jüngsten besorgt waren. „Hauptsache, Julian Draxler geht es gut“ hat man aus Wolfsburg aber nie gehört. Jetzt sind Klaus und Didi plötzlich (so gut wie) weg und es bleibt die Frage nach dem warum.
Warum nur ist das Prinzip „Ruhe bewahren“ im Profifußball so unfassbar out?
Ich wäre gar nicht so negativ drauf hier, aber gerade dieser direkte Vergleich Wolfsburg/Hamburg hat mich doch stark ins Grübeln gebracht. Und zwar deshalb, weil beide Klubs auf der einen Seite so ähnlich gehandelt haben und auf der anderen Seite doch so unterschiedlich sind. Sowohl WOB als auch der HSV wollten einst mit einem neuen starken Mann eine neue starke Ära einläuten. Was haben die Wolfsburger sich bemühen müssen 2012, Allofs aus Bremen loszueisen? Wie hat sich der HSV gefreut, 2014 ein zweites Mal den Beiersdorfer präsentieren zu können? Ok – vermutlich ist „der Neue“ immer schnell „der große Macher“. Der, mit dem ab sofort alles besser wird. Für immer.
Und dann beginnt der Alltag. Und dann geht es um Klub-Philosophie. Und dann trennen sich die Wege.
Der Beiersdorfer-Hype hielt vielleicht ein halbes Jahr. Gut…hier von Hype zu sprechen, ist wirklich bescheuert, wenn man im nächsten Satz Wörter wie Abstiegsangst und Relegationstriple unterbringen muss. Jedenfalls liefs bei den Rothosen echt nicht so gut zuletzt. Dass Beiersdorfer deshalb nach über zwei Jahren und ausbleibendem Erfolg in der Kritik stand und wackelte, war nur allzu nachvollziehbar. Ebenso wie nun sein Ende.
Ganz anders in Wolfsburg. Da war erstmal Ruhe. Allofs hat den Laden seit 2012 auf links gedreht, kluge Transfers getätigt, war mit Hecking das Dreamteam der Liga, eindeutiger Bayernjäger und das gleich für die nächsten zehn Jahre, DFB-Pokalsieger. Wow. Mal ehrlich, wer von euch hätte jetzt mit dem Rausschmiss gerechnet? Ihr habt doch alle gedacht, dass Allofs in Wolfsburg einen auf Bremen 2.0 macht und die nächsten 14 Jahre safe ist. Mindestens. Dass er nun gehen musste – ein Schlag ins Gesicht für alle, die in Schleudersitz-Zeiten trotzdem an das Kontinuitätsprinzip glauben.
Ich verstehe das nicht. Vielleicht ist das hier super-oberflächlich. Nein – ganz bestimmt ist es das.
Aber wenn einer wie Allofs gehen muss, bleibt für mich echt rätselhaft, wie der perfekte Langzeit-Manager auszusehen hat. Warum nur sind Klubs, Verantwortliche, Vorstände…Investoren so unfassbar ungeduldig? Im Sport gibt es halt Siege und Niederlagen. Gute und schlechte Zeiten. Dass jeder Verein auch mal eine komplette Hinrunde einstecken kann, ist nichts Außergewöhnliches mehr. Muss man deshalb sofort alles in Frage stellen? Meine Fresse.
Jeder kann jeden schlagen. Das wollen doch immer alle. Kaum aber stecken Gladbach(!), Leverkusen(!), Wolfsburg (!) und Co. mal ein paar Wochen unten drin, wird direkt spekuliert. Schubert wackelt. Ist Roger Schmidt noch der Richtige? Hecking raus! Freunde, die Bundesliga-Kontinuität stirbt aus. Den Geduldsfaden haben Thomas Schaaf und Volker Finke irgendwann mal bei nem heimlichen Candle-Light-Dinner aufgegessen. Ok – drei kleine Einschränkungen müssen vielleicht gemacht werden: Die Bayern dominieren immer die Liga, beim HSV ist immer oft Chaos. Und Christian Heidel rockt Mainz 05. Oh, wait…
Von Cord Sauer
(dass Klubs wie Bayern, Dortmund, Freiburg, Augsburg, Braunschweig oder St. Pauli diesen Quatsch hier komplett widerlegen, ist ihm wohl entgangen. Amateur., Anm. d. Red.)
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