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Fredi Bobic zur Causa Abraham im ZDF-Sportstudio: Enttäuschung auf ganzer Linie

Fredi Bobic von Eintracht Frankfurt ist ein Mann der klaren Worte. Nach der Abraham-Sperre (6 Spiele nach Bodycheck gegen Christian Streich) äußerte sich der Sportdirektor öffentlich zur Strafe sowie zum Einspruch der SGE und bezog auch im ZDF-Sportstudio erneut Stellung. Auch diesmal waren klare Worte dabei, leider komplett die falschen. Denn Bobic versäumte es auf ganzer Linie, Kante gegen Unsportlichkeit zu zeigen, die Position der Schiedsrichter zu stärken und flüchtete sich in geradezu lächerliche Floskeln wie „Emotionen gehören zum Fußball dazu“. FUMS-Chef-(Body)-Checker Cord Sauer hatte nach dem Interview auch ein paar Emotionen, vor allem aber ordentlich Puls und findet, dass Bobic die völlig falschen Signale sendet. Ein deutlich zu lang geratener, aber wichtiger Kommentar. 


David Abraham VS. Christian Streich, Sperre vom DFB-Gericht, Einspruch der SGE – ich gebe zu, das ist alles kalter Kaffee von mindestens vorgestern. Dass Fredi Bobic nun aber im Aktuellen Sportstudio bei Moderator Jochen Breyer saß und insbesondere dieses Thema noch einmal aufkochte, macht aus dem eigentlichen Drama quasi eine Tragödie, denn: Fredi Bobic hat offenbar nichts verstanden.

Warum der Klub Einspruch eingelegt habe, wollte Breyer zunächst eingangs wissen und ob Bobic die vom Gericht festgesetzte Strafe von 6 Spielen Sperre nicht für angemessen gehalten habe. Bobic hielt das Strafmaß für angemessen, erklärte aber, dass der Einspruch und damit eine mögliche Strafmilderung schließlich dem Verein zu Gute gekommen wäre und der Verein steht ja über allem, ihr wisst schon. Lirum Larum. Eine erste Widersprüchlichkeit und zudem so schwammig argumentiert, dass selbst Spongebob vor Scham im Boden versunken wäre.

Fredi Bobic verteidigt das Strafmaß, doch das ist ein Witz

Leider waren auch die weiteren Ausführungen von Bobic kaum zu gebrauchen. Abraham hätte seine Strafe erhalten: Eine empfindliche Geldstrafe vom Verein (Betrag unbekannt) sowie vom DFB (25.000 Euro). Zusätzlich – und natürlich viel schlimmer, wenn man Bobic Glauben schenken mag: „Der Junge darf sechs Wochen nicht Fußball spielen. (…) Dann ist es aber auch gut.“ Mal ernsthaft: Empfindliche Geldstrafe und sechs Spiele Sperre? Für jenes Terrain, auf dem wir uns hier bewegen (Bundesliga!), ist das gelinde gesagt: unzureichend. Zumal wir doch alle wissen, wie „empfindliche Geldstrafen“ die sehr gut verdienenden Profis von heute treffen. Nämlich gar nicht.

Und das „Er darf nicht Fußball spielen“ als Argument ins Feld zu führen, um darzulegen, dass Abraham damit ja schon genug gestraft sei, ist ein Witz sondergleichen. Fußballentzug mag eine Strafe auf dem Schulhof sein oder im Jugendbereich. Ein erwachsener Mann, der mit Fußball sein Geld verdient und dessen Job es ist, professionell zu sein, Vorbild zu sein, dem darf so etwas nicht passieren. Da müssen Strafen empfindlicher sein. Das gilt dann im Zweifel auch für Amateuerkicker. Wie wäre es mal mit ordentlich Sozialstunden und/oder einer längerfristigen Auseinandersetzung mit Debatten um Fairplay, Respekt und Vorbilderfunktionen im Profifußball? Gern auch mit Diskursen zu Auswirkungen auf die unteren Ligen und Landesverbände. Würde natürlich zu lange dauern und die betroffenen Profis müssten sich ja mental mit ihrem Verhalten beschäftigen, ergo: No Go!

Kohle abdrücken, Standpauke und Zeit absitzen it is. Ich kotze im Strahl.

Wann ist ein Mann ein Mann? David Abraham, junger Bursche, 33 Jahre alt

Zurück zu Bobic, der die Nummer mit dem „Alles für den Dackel, alles für den Klub“ hervorragend auswendig gelernt hat und zumindest in Sachen Schlagfertigkeit super souverän auf Breyers gute Nachfragen kontert. Unglücklicherweise ist der Inhalt für die Tonne. Noch ein Beispiel? Er spricht von den „jungen Burschen“, die natürlich alle auch mal Fehler machen (dürfen). Fun Fact: David Abraham ist 33 Jahre alt und Kapitän von Eintracht Frankfurt. Kein Kind, kein Heranwachsender und erst recht kein junger Bursche. David Abraham ist ein erwachsener Mann.

Was soll also diese künstlich aufgebaute Legende vom kickenden Dummbeutel, der gerade einmal bis Drei zählen kann?

Fußballspieler wissen, was sie tun. Ein 33-Jähriger weiß das sicher besser als ein 20-Jähriger. Und ja, Emotionen gehören dazu, aber Emotionen können nicht die Permanent-Ausrede für alles sein. Von David Abraham darf ich erwarten, dass er sich seiner Handlungen und seiner Vorbildfunktion bewusst ist. Kann er seine derart ausufernden Emotionen – nein: seine mit ihm durchgehenden Gäule nicht im Zaum halten, findet aber dennoch seinen mehr als festen Platz bei einem Bundesliga-Verein, dann läuft doch etwas falsch, oder nicht? Jeder Normalo-Arbeitnehmer hätte im 08/15-Life seinen Job verloren nach einer körperlichen Attacke gegenüber eines Kollegen, Kunden oder whatever.

Bobic, der Büffel-Babo: Verpasste Chance für richtige Positionierung

„Ich werde mich immer vor die Spieler stellen“, sagt Bobic und erzählt damit, was er als Büffel-Babo erzählen muss. Aber wie okay sind diese verbalen und scheinbar völlig blind hochgezogenen Schutzschilder, wenn uns auf der anderen Seite ein Werteverlust droht und durch Aktionen wie jene von Abraham neue Negativ-Vorbilder entstehen? Abraham darf Kapitän dieser Mannschaft bleiben. Geht’s noch? „Den Trainer hast du nicht anzufassen. Den Schiedsrichter hast du nicht anzufassen“, mahnt Bobic weiter. Und zwischen den Zeilen klingt volle Möhre durch, dass es aber im Gegensatz dazu total legitim wäre, die gegnerischen Spieler anzufassen. Wie soll der innere Kompass eines Amateurkickers richtig eingestellt sein, wenn er aus der Beletage des Fußballs solche Denkmuster vermittelt bekommt? Ich verstehe es nicht.

Übrigens – Rudelbildung gab es auch schon, als Fredi Bobic noch aktiver Fußballer war. Sagt Fredi Bobic. Und redet ein großes Problem des aktuellen Fußballs und der Gesellschaft damit einfach klein: „Dann müssten wir ja gefühlt alle zwei Wochen Jagdszenen sehen.“ Doch damit lässt Breyer, der gut nachbohrt, Bobic aber auch wirklich viele Türen öffnet, nicht durchkommen: „Jagdszenen gibt es an jedem Wochenende. An jedem Wochenende werden Spiele abgebrochen.“ Bobic aber schlägt alle Türen wuchtig zu: „Die sind aber auch vor 20 Jahren abgebrochen worden.“ RUMMS.

FAZIT

Fredi Bobic versäumt es, sich klar gegen Unsportlichkeiten jeglicher Art zu positionieren. Das Verharmlosen von Gewalt und Sätze wie „Emotionen gehören zum Fußball dazu“ sind tief verschwurbelt in den Denkmustern einer DER Führungspersönlichkeiten des Deutschen Fußballs, die ihren – wenn auch in der Gesamtheit sicher verhältnismäßig kleinen – Beitrag zur Verrohung der Sitten leisten. Gerade Bobic fiel hier in jüngster Vergangenheit mehrfach negativ auf, sei es im patzig-forschen Interview mit Jessica Libbertz („Das hat Sie auf jeden Fall nicht zu interessieren“) oder zuletzt gegenüber Marc Behrenbeck.

Fredi Bobic nimmt kein Blatt vor den Mund und solange genug Menschen es cool finden, wenn der Ton auch mal etwas rauer wird, gleicht das einem Freifahrtschein für ein ruppiges – um nicht zu sagen: unsoziales Miteinander. Vielleicht kann da auch mal jemand eine empfindliche Geldstrafe aussprechen. Oder vielleicht doch besser Sozialstunden und tiefgründige Auseinandersetzung mit dem Thema.


Von Cord Sauer
(kann sich ein Interview mit Fredi Bobic vermutlich abschminken jetzt, Anm. d. Red.)