Hasret Kayikçi Freiburg
Picture Alliance
  • Interview & Kolumne
  • Interviews
FUMS Magazin » Interview & Kolumne » Freiburg-Kapitänin Hasret Kayikçi: „Wir haben gekickt bis die Laternenlichter angegangen sind!“

Freiburg-Kapitänin Hasret Kayikçi: „Wir haben gekickt bis die Laternenlichter angegangen sind!“

Hasret Kayikçi ist das, was man als Straßenfußballerin bezeichnen würde und hat den Schritt vom Bolzer bis in die Nationalmannschaft geschafft. In Freiburg ist sie eigentlich nicht mehr wegzudenken. Ein Ziel möchte die 31-Jährige auf jeden Fall noch erreichen, bevor sie die Schuhe an den Nagel hängt…


Du bist auf dem Bolzplatz groß geworden, wie war denn so ein typischer Tag bei dir früher?
Am Wochenende war das meistens so, dass ich zwischen 7 und 8 Uhr aufgewacht bin. Dann wurde bei Freunden auf dem Haustelefon angerufen und gefragt, ob die auch schon wach sind. Dann war das ohne Handy und ohne große Absprache eigentlich immer so, dass wir mit den Fahrrädern zum Bolzer gefahren sind und gekickt haben, bis die Laternenlichter angegangen sind – das war das Zeichen nach Hause zu gehen. Unter der Woche hast du dich auf dem Bolzer getroffen, wenn kein Training war und ansonsten auf dem Sportplatz.

Noch ein Länderspiel oder noch mal einen Tag 10 sein und Bolzer?
Wenn ich die Wahl hätte, würde ich gern 10 sein und auf den Bolzplatz gehen.

Kennst du noch die wichtigsten Bolzplatzregeln von früher?
Klar, es gab kein Aus, überall war Bande, wer ein Tor schießt, darf drin bleiben. Wir hatten einen Käfig mit so einem harten Zaun, dass der Ball auch wieder zurück kommt, wenn du dagegen schießt – das war einfach perfekt.

Musstest du dich damals erst mal bei den Jungs beweisen oder warst du sofort dabei?
Nein, überhaupt nicht. Ich habe zwei ältere Brüder, die haben zwar nicht gespielt, aber kannten die älteren Jungs. Ich habe von klein auf gespielt und war auch mit denen im Verein und das sind bis heute meine Freunde. Ich war auch eher wie ein kleiner Junge als wie ein kleines Mädchen.

Gibt es bei euch in der Kabine eine Serie, die ihr alle schaut und diskutiert?
Wir haben verschiedene Altersklassen, die jungen gucken eher Reality TV und diskutieren da drüber, aber da können wir Älteren nicht so viel mitreden. Wir diskutieren dann eher über andere Vereine und wie die gespielt haben.

Mal zum Sportlichen: Ihr habt im Pokal RB Leipzig als Gegnerinnen – mit Bayern und Wolfsburg im Topf war das auf dem Papier das einfachste Los. Eigentlich!
Ja, das ist super gefährlich, weil wir auch in Leipzig spielen und Leipzig hat einen mega Lauf. Die werden wahrscheinlich hoch kommen in die erste Liga, haben zwei Erstligisten rausgehauen. Das wird super spannend und ich freue mich extrem darauf. Das wird ein 50:50-Spiel.

Ist da vielleicht auch noch eine Rechnung offen, weil Eure Jungs gegen RBL im Herrenfinale verloren haben?
Wir waren alle in Berlin und sind immer noch ein wenig traurig, dass Leipzig das gewonnen hat. Wir wollen ins Pokalfinale und das haben, was die Männer letztes Jahr hatten. Wir wollen unsere Chance nutzen.

Hasret Kayikçi

Du bzw. Ihr habt ja auch so ein kleines Wolfsburgtrauma im Pokal und seid gefühlt die letzten 40 Mal gegen sie ausgeschieden, oder?
Das ist wirklich für mich eine traurige Geschichte. Ich hoffe wir können das noch verändern. Den Pokal mit dem SC Freiburg zu gewinnen, das ist mein großer Traum und Wunsch bevor ich aufhöre.

Wie sehr bist du nach 12 Jahren Freiburg Promi in der Stadt, gibt’s auch mal nach einem Sieg eine Pizza auf’s Haus beim Italiener?
Promi bin ich nicht, aber wir Spielerinnen haben alle ein sehr gutes Verhältnis zu den Fans. Ich glaube aber viele erkennen uns gar nicht, wenn wir privat angezogen sind. Grundsätzlich ist Freiburg aber meine Heimat geworden. Ich gehe tatsächlich kaum essen, aber wenn wir irgendwo sind, werden wir schon angesprochen und bekommen auch mal eine Runde Cola ausgegeben. Grundsätzlich fühle ich die Unterstützung der Leute aus der Stadt sehr.

Du hattest ja in der Vergangenheit auch schon Kreuzbandrisse und bist jetzt 31 Jahre alt. Wie sehr beschäftigst du dich schon mit der Karriere nach der Karriere?
Mittlerweile beschäftige ich mich etwas intensiver damit, weil ich nicht weiß, wie lange ich noch spiele, aber grundsätzlich versuche ich nicht so weit voraus zu planen, weil man nie weiß, was passiert. Bei mir war es schon öfter so, dass in der einen Sekunde alles gut war und dann machst du vielleicht eine falsche Bewegung und gefühlt ist dein Leben zerstört, weil du eine schwere Verletzung hast und nicht weißt, wie es weiter geht.

Was hättest du mit 10 Jahren bei „Berufswunsch“ in ein Freundebuch geschrieben und was würdest du heute mit 31 schreiben?
Fußballerin. Das haben wir alle damals rein geschrieben und ich bin froh, dass ich das auch geschafft habe. Dadurch das ich so lange in Freiburg bin, hoffe ich, dass ich nach der aktiven Karriere auch ein Funktion im Verein übernehmen kann.

Lass uns mal das Tempo erhöhen und eine wilde Schnellfragerunde machen:
Was ist der beste Song für die Kabine?
Ich höre relativ alte Lieder – mein Song vor dem Spiel ist Gallery von Mario Vazquez. Aber viele bei uns hören Schlager und bevor wir raus auf den Platz gehen, läuft immer 0 auf 100 von Helene Fischer.

Habt ihr eine WhatsApp-Gruppe der Mannschaft?
Ja, wir haben eine interne Gruppe, da geht es meistens um organisatorische Abläufe, aber es wird auch ab und zu mal ein Witz gemacht.

Ihr habt da aber auch die eine Person, die immer zu viele GIFs, Bildchen und Links schickt?
Klar, ich glaube die gibt es überall.

Was ist die teuerste Strafe in eurem Strafenkatalog und hat der auch Kreisliga-Vibes?
Am teuerste ist die Rote Karte, wir haben natürlich auch Strafen wie „Sachen vergessen“, Bier wird bei uns nicht getrunken, deswegen gibt es die klassischen Kreisligastrafen nicht. Aber ich bin schon ein Fan von Kreisliga-Traditionen, zum Beispiel eine Kiste mitzubringen oder etwas anderes, wenn man zum ersten Mal Kapitän ist.

Hasret Kayikçi

Größter Fan und größte Kritiker von dir sind?
Das bin ich selbst. Ich war schon immer sehr selbstkritisch und perfektionistisch. Wir hatten mal einen Trainer, der hat immer nach Besuchen bei der Nationalmannschaft gesagt, wir wären nur dort gewesen, weil wir als Mannschaft so gut sind und nicht denken sollen, wir wären etwas besseres. Das war cool und lustig. Ansonsten ist es ein Erziehungsding. Meine Mutter ruft heute noch manchmal nach Niederlagen an und sagt, dass man nicht jedes Spiel gewinnen kann, ich nicht sauer sein soll und was Mütter halt so sagen und man in dem Moment nicht hören will.

Du darfst ein Spiel in deiner Karriere noch mal Spielen…
Dann ein EM-Spiel mit der Nationalmannschaft. Wir sind relativ früh ausgeschieden damals und es war mein einziges Turnier.

Fußball macht Spaß…
…weil ich es über alles liebe und man die Gefühle, die man beim Fußball fühlt mit nichts vergleichen kann.


Jetzt sag Du doch auch mal was!

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert