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Warum Thomas Doll als Trainer nicht mehr zeitgemäß ist

Streit mit Schiri Gräfe in Augsburg, selbstgefälliges Interview nach der Schnee-Niederlage gegen Leverkusen, unvergessen zudem sein Verhalten beim Wontorra-Talk im November 2018, bei dem er sich respektlos gegenüber Journalist Rafael Buschmann („Entschuldigung, wenn der Chef spricht, kurz ruhig sein“) äußerte und anschließend abfällig über Spielerfrauen: Thomas Doll schafft es seit seiner Bundesliga-Rückkehr in beeindruckender Manier, sich ins Abseits zu spielen. Bei den Fans schwinden die Sympathiepunkte, sollten sie überhaupt jemals vorhanden gewesen sein. Dass es zudem sportlich nicht läuft – geschenkt, Doll ist ein Trainer von gestern, sagt unser Mann von Übermorgen, Cord Sauer, und fragt sich, warum die 96-Bosse sich ausgerechnet diesen Typen ins Boot geholt haben.


Ihr Lieben – zunächst wollte ich es komplett vermeiden, dann habe ich es lange vor mir hergeschoben, aber jetzt muss es endlich raus: Wir müssen über Thomas Doll sprechen. Was stimmt mit ihm bloß nicht? Seit seinem Bundesliga-Comeback vergeht kaum eine Woche, in der er nicht unangenehm auffällt. Das ist im Idealfall nur ein unglückliches Statement oder eine selbstgefällige Phrase, kann aber – wie nun jüngst in Augsburg geschehen – auch ausfälliges Verhalten gegenüber dem Unparteiischen sein.

Was war jetzt schon wieder los? Nach der 1:3-Niederlage habe Schiedsrichtiger Gräfe ihn nicht nur „volllabern wollen“, sondern ihm auch arrogantes Verhalten vorgeworfen. Dolls Reaktion? „Fünf Minuten sabbelst du uns voll. Scheiß auf Arroganz!“ Auf der Anschluss-PK dann die Erklärung: „Sich bei einem Trainer, der mit seinem Team um die Liga fightet, so gockelig [wie Gräfe] hinzustellen“, ginge schließlich gar nicht.

Das ist so oder so ähnlich sicher jedem Trainer schon einmal passiert und wäre maximal eine kleine Schmonzette in der temporären Spieltags-Berichterstattung wert, bei Doll aber kommt man aus dem Kopfschütteln aktuell nicht mehr heraus. Nach zehn Jahren Bundesliga-Abstinenz und zugegeben einer nicht ganz so schlechten Zeit in Ungarn (Meister, 3x Pokalsieger & Ligapokalsieger mit Ferencváros Budapest) hat er nun bei Hannover 96 noch einmal die Chance erhalten, sich hierzulande zu beweisen. Wie er das allerdings an die Wand fährt, dürfte seinesgleichen suchen.

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Die rein sportliche Bilanz? Sieben Spiele, sechs Niederlagen. Als Coach könnte Doll sich nun kämpferisch geben, motiviert und ehrgeizig, Zusammenhalt vorleben und positiv vorausgehen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Zuerst zeigte er sich enttäuscht über den Fitnesszustand seiner Spieler („Ich habe gesehen, dass der eine oder andere Spieler keine Power hat“), dann über die Mentalität („Hier kann mal wieder richtig der Baum brennen“), ehe der die Spieler selbst kritisierte („Blutleerer Auftritt“). Ohnehin kommt Doll mehr über das Ich als über das Wir – Beispiele?  🗣 „Dafür bin ICH nicht zurück in die Bundesliga gekommen.“ 🗣 „MIR geht diese Situation total auf den Sack.“ 🗣 „So macht MIR das keinen Spaß.“ Ausreden für das Scheitern gibt es also genug. Zuletzt war der Schiri Schuld. 

Klar: Hannover kämpft um den Klassenerhalt, das bedeutet: Medialer Druck, interne Fehleranalyse, Reibung an jeder Ecke, blankliegende Nerven und sicher hat es auch die eine oder andere schlaflose Nacht zur Folge. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, als Trainer musst du Ergebnisse liefern, idealerweise aber auch ein souveränes Auftreten neben dem Platz. Und das lässt Doll komplett vermissen, schlimmer noch: Seine Außendarstellung hat mit dem Trainergeschäft von heute eigentlich nichts mehr zu tun. Thomas Doll ist ein Trainer von gestern. Einer, der uneingeschränkt der Boss sein will. Einer, der keine rangniedrigere Meinung akzeptiert. Ein Möchtegern-Alphatier. Hierarchie gut, Monarchie noch besser. König Doll regelt das schon, er hat es schließlich schon immer irgendwie geregelt.

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Früher war alles besser

Thomas Doll ist selbst sein größter Fan und daraus macht er kein Geheimnis. Warum er aber diese Energie, die zweifelsfrei vorhanden ist, nicht auf seine Mannschaft übertragen bekommt, dürfte kontrovers diskutiert werden. Führungsqualitäten? Müssen zumindest in Frage gestellt werden: Welcher Spieler empfindet es schon als Motivation, wenn der eigene Coach aka. „Erfolgstrainer“ zu Krisenzeiten vor laufenden Kamereas erzählt, wie geil er früher war und dass er früher nicht so viele Spiele verloren hat…?

Für Hannover 96, das steht fest, wird es im Saisonendspurt auch wegen diverser Nebenkriegsschauplätze nicht leichter. Ob Doll das Ruder noch herumreißen kann? Vielleicht. Er ist ein Mann klarer Worte. Und auch, wenn er oft den falschen Ton treffen mag – klare Worte können auch eine gute Eigenschaft sein. Am Ende steht der sportliche Verbleib der Roten im Vordergrund. Und zu allem, was Thomas Doll als Person betrifft, möchte ich mir eigentlich nur noch den Arsch ablachen. Wenn es nur nicht so traurig wäre. 


Von Cord Sauer
(ist als FUMS-Chef abgehoben, primitiv, aufbrausend, von oben herab, selbstgefällig, herablassend, respektlos, demotivierend, Anm. d. Red.)