Am 21. August 2005 empfing die TSG Hoffenheim den VfB Stuttgart im DFB-Pokal. Nevzet Zukic (li.) im Duell mit Marco Streller (re.).
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VfB Stuttgart gegen Hoffenheim: Vielleicht doch ein kleines Derby?

Es gibt kaum eine Sache, die einen Fan des VfB Stuttgart mehr nerven könnte: Wenn das Spiel gegen die TSG Hoffenheim als Derby bezeichnet wird. Aber was ist, wenn dem Duell doch ein kleines Derby innewohnt?

Jaaa, liebe Stuttgarter, ich weiß. Für euch ist das kein Derby. Für mich auch nicht! Schaut man aber nur auf die Zahlen und Fakten und lässt die Gefühle außen vor, steckt doch einiges an Prestige in der Begegnung, die am Samstag, 15:30 („das ist uns’re Tradition“) zum 28. Mal stattfindet.

Thema örtliche Nähe: In dieser Saison sind die Hoffenheimer wieder der nächstgelegenste Gegner in der Liga. Laut Google Maps sind das von Stadion zu Stadion 85,6 km und eine Fahrtzeit von 1:02 h. Der schnellste Weg nach Heidenheim beträgt 1:10h bei 87,9km. Die Remstalautobahn ist eben keine richtige Autobahn. Und der Betonbau an der A6 ist auch zu verlockend, um beim Vorbeifahren nicht den Mittelfinger zu heben und ein Foto davon zu machen.

VfB Stuttgart gegen Hoffenheim: Das gab es schon vor der Bundesliga

Wie bereits erwähnt, spielt der VfB Stuttgart zum 28. Mal gegen die TSG Hoffenheim. Seit Bundesliga-Gründung 1963 traf man nur auf 24 Gegner häufiger: Allesamt Teams, die man – außer Wolfsburg und Leverkusen – als Traditionsvereine bezeichnen würde. Betrachtet man den Zeitraum ab der Meisterschaft 1992, dann kommt die TSG sogar auf einen geteilten 18. Platz. Zum Vergleich: Seit der Saison 1992/93 traf man nur 21 Mal auf den KSC.

2008 stieg Hoffenheim in die Bundesliga auf. Das erste Aufeinandertreffen der beiden Teams fand allerdings drei Jahre früher statt: Am 21.08.2005 empfing der damals drittklassige Regionalligist den großen Bundesligisten aus der Landeshauptstadt im, mit 5000 Zuschauern ausverkauften, Dietmar-Hopp-Stadion zur 1. Runde des DFB-Pokals. So sah das Team von Trainer Giovanni Trapattoni aus:

20231027 VfBAufstellung

Der badische Pokalsieger um den Ex-Stuttgarter Alexander Blessin, dem zukünftigen Stuttgarter Martin Lanig und dem Bundestrainer a.D. Hansi Flick auf der Trainerbank zwang den haushohen Favoriten in die Verlängerung. In der 13. Minute gingen sie durch Thomas Ollhoff per Freistoß in Führung, ehe Silvio Meißner nach einer Grønkjær-Ecke (37. Minute) ausglich. Kurz vor dem Pausenpfiff gingen die Hausherren allerdings wieder in Führung. In der 54. Minute glich Jon Dahl Tomasson zum 2:2 aus.

Weil danach nichts mehr passierte und der VfB sich auch weiterhin schwertat, gab es nach 90 Minuten Nachschlag. Die Verlängerung entschieden die Stuttgarter mit einem Carević-Tor in der 100. und einem Cacau-Treffer in der 117. Minute für sich. Matthias Örüm verkürzte kurz vor Schluss auf 3:4. Was an diesem Nachmittag vielleicht nur wenige ahnten: Das nächste Wiedersehen würde nach einem weiteren Jahr Regionalliga und zwei Aufstiegen in Folge in der Bundesliga stattfinden.

Gemeinsame Bundesliga-Jahre

Dort hat der VfB Stuttgart eine positive Bilanz gegen die TSG: 10 Siege, neun Remis, sieben Niederlagen, 49:42-Tore. Trotzdem hat Hoffenheim dem mitgliederstärksten Verein Baden-Württembergs sportlich seit 2008 den Rang abgelaufen: In 13 gemeinsamen Bundesliga-Saisons schloss man acht Mal vor dem VfB ab. Seit 2013/14 landete Stuttgart nur ein Mal vor Hoffenheim (2020/21) und verbrachte zwischenzeitlich zwei Jahre in der 2. Bundesliga. Eine gewisse Augenhöhe ist seither trotzdem gegeben. Und eine solche schafft eben auch Rivalitäten.

Seit 15 Jahren hält sich Hoffenheim in der Bundesliga. Zwei Mal konnte man sich für die Europa League und ein Mal sogar für die Champions League qualifizieren. Zwar war der VfB seitdem drei Mal in der EL und ein Mal in der CL, zum letzten Mal international spielte man aber 2013/2014, wo man in der EL-Quali an Rijeka scheiterte. Hoffenheims UEFA-Auftritte fanden allesamt danach statt.

Von Gefühlen und Missachtung

Eingangs hieß es, dass man nüchtern und ohne Gefühle auf die Sache schauen soll. Aber wir sprechen noch immer von Fußball. Und das geht nicht ohne Gefühle. Gefühle sind in diesem Sport elementar. Auf dem Platz. Auf den Rängen. Zu Hause an den Fernsehgeräten. In jeder Minute einer Partie, positiv wie negativ. Fußball selbst ist das Gefühl.

Und deshalb kann man sich, sobald es um die TSG Hoffenheim und ähnliche Vereine geht, nicht von ihnen freimachen. Proteste gegen diese Konstrukte und klare Kante zu zeigen wird immer wichtig bleiben. Vor allem, weil bei den Institutionen und einem Teil der Medien eine Normalisierung dieser Clubs bereits stattgefunden hat und sie mit den vorbeiziehenden Jahren weiter an Legitimation gewinnen werden.

Und so wird den Fans des VfB Stuttgart von außen das „Derby gegen Hoffenheim“ mitunter auch aufgezwungen. Ihr seid doch im gleichen Bundesland, viel Spaß beim „Baden-Württemberg-Derby“! Das sind doch Badener, die Schwaben vertragen sich nicht so mit ihnen, DERBY! Und mal ehrlich: Andersrum betrachtet macht es für die Hoffenheimer sehr viel Sinn, das Duell gegen die schwäbische Landeshauptstadt als Derby zu bezeichnen. Schließlich besingen auch sie vor jedem Spiel ihr Badner Land.

Genauso viel Sinn macht es für die Stuttgarter, sich dem Derby-Vorwurf fast reflexartig entziehen zu wollen. Weil es nie ein Derby wie gegen die Badener aus Karlsruhe sein wird und auch nicht sein soll. Weil man dem Konstrukt auch nicht mehr Aufmerksamkeit als nötig schenken will. Und das ist auch gut so. Aber vielleicht wohnt diesem Gedanken auch eine Art Derby inne. Weil, wenn man ehrlich ist: So ein Sieg gegen den Dorfverein schmeckt immer ein Mü süßer als drei Punkte gegen andere Teams.


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