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Buschmann: Ich habe Verständnis dafür, dass man nach Aufmerksamkeit schreit

Ich mache das tatsächlich auch aus Liebe zum Sport. Dass man auch bei Dingen, die man liebt, wo man früher vielleicht Fanboy war, dass man da auch mal den Finger in die Wunde legt und eben so kommentiert, dass es dem Sportler nicht gefällt. Dass man nicht nur der Jubler und Brüllaffe oder sonst was ist, der von allen geliebt wird. Fragt mal nach bei Dirk Nowitzki. Was der den Kopf über mich geschüttelt hat, als ich 2011 gesagt habe: Junge, du tust dir hier keinen Gefallen bei dieser Europameisterschaft, das ist der größte Fehler deiner Karriere. Kurz nach dem größten Erfolg deiner Karriere, nachdem du NBA-Champion geworden bist. Das heißt: ich habe mich nie danach gerichtet, ob das jetzt bei den Leuten gut ankommt oder nicht.

Das Ereignis macht den Kommentar, das unterschreibe ich. Aber natürlich macht ein vielleicht besonders emotionaler, sprachgewandter und unterhaltsamer Kommentar aus einem tollen Spiel vielleicht ein noch tolleres Spiel für eine große Anzahl von Menschen.

In dem Moment, in dem ihm das gelingt, macht er exakt das gleiche Spiel mit dem gleichen Kommentar für eine andere Anzahl an Menschen unerträglich. Das musst du wissen. Man darf nur nie an ein Spiel herangehen mit dem Vorsatz: Heute haue ich mal einen raus. Weil du nicht weißt, ob das geht.

Hörst du es heraus, wenn Kollegen das tun?
Ich glaube zu wissen, welche Sprüche aufgeschrieben sind und welche nicht. Achtet mal auf viele junge Kommentatoren. Wie viele geile Sprüche kommen. Außergewöhnliche Sprüche. Auf die ich im Leben nicht kommen würde.

Wir erleben es ja ähnlich wie du – man erwischt sich beim Schmunzeln oder Ablachen, will es dann den Usern zugänglich machen und wenn du genauer hinschaust, fällt es dir wie Schuppen von den Augen.
Wenn du es konsequent zu Ende denkst, ist es sogar gut. Weil vielleicht kommen ja weitere Menschen auf die Idee, mal darüber nachzudenken. Vielleicht geht es nicht nur euch so und nicht nur mir so. Ich habe übrigens Verständnis dafür, dass man nach Aufmerksamkeit schreit. Das ist heute ein bisschen anders, als Sportreporter zu arbeiten als noch 1993. Ich habe damals nicht darüber nachgedacht, ob ich mir ein Leben in München leisten kann und ob ich genügend Jobs für die nächsten sechs Monate habe.

Wir könnten jetzt mal darüber sprechen, wie heute der Job als Sportkommentator aussieht. Also nicht meiner, ich lebe auf einer Insel der Glückseligkeit.

Genauso wie Wolff (Fuss, Anm. d. Red.). Aber wie viele Kollegen können das von sich behaupten? Und deshalb verstehe ich manche Dinge auch. Ich glaube nur, dass es ein Fehler ist, wenn manche sagen, dass sie jetzt so wie Buschi oder wie Wolffi anders sein müssen, um so in die Öffentlichkeit zu kommen. Seid Ihr selbst!

Ich hasse eigentlich dieses Wort Markenbildung, aber natürlich habe ich auch schon Dinge getan, die würde ich vielleicht heute nicht mehr machen, die zur Markenbildung beigetragen haben. Aber nicht in einem Livekommentar mit dem Hintergrund: Heute ist die deutsche Mannschaft im Finale. Nowitzki. Serbien. Heute feiere ich den ab. Na, was weiß ich denn, wie der überhaupt spielen wird?

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Trotzdem bist du ja mit deiner Art für viele junge Kollegen auch Vorbild…
Also ganz ehrlich: wenn ich dem Internet glaube und manche Kommentare über mich lese, dann glaube ich es gar nicht so sehr.

Naja, vielleicht geben es wenige zu, aber es schauen sicher schon viele rüber zu Frank Buschmann oder auch zu einem Wolff Fuss und sehen: Besondere Merkmale verschaffen breitere Öffentlichkeit.
Es gibt Journalistenkollegen, auch von Blättern, die einen guten Ruf haben, die werfen mich immer mit Jörg Dahlmann in eine Schublade. Dabei sind wir zwei komplett unterschiedliche Persönlichkeiten. Wenn ich alles glauben würde, was geschrieben wird, müsste ich in eine Sinnkrise kommen. Also warum darf ich nicht laut sagen, dass es nicht so ist? Ich glaube nicht, dass RTL und Sky dafür bekannt sind, freiwillig auf den Abgrund zuzusteuern. Warum haben die mich denn verpflichtet? Also sicher nicht, weil der Großteil ihrer Zuschauer sagt: Den Typen finden wir so scheiße, bei Sky kündigen wir das Abo und RTL schalten wir nie wieder ein.

Es gibt Zuschauerumfragen, das sind dann mehr Menschen als 17 User bei Facebook. Und überraschenderweise sind diese Werte ziemlich gut.

Uns ist völlig klar, dass du eine gewisse Farbe in die Berichterstattung hineinbringst. Sky hat nach dem Abgang von Fritz von Thurn und Taxis und Marcel Reif mit dir und Jörg Dahlmann und sicher auch mit Hansi Küpper schon sehr gezielt auf die Farbe Unterhaltung gesetzt, oder nicht?
Jörg und ich haben einen komplett unterschiedlichen Kommentarstil und ich finde es schon echt interessant, wenn wir dauernd verglichen werden. Ich glaube, Jörg findet es auch nicht immer super, wie ich kommentiere und ich finde es nicht immer super, wie Jörg kommentiert. Aber wir sind vielleicht an einem Punkt, wo unterschiedliche Stile einer Konferenz ganz guttun. Also fünf Buschmänner da draußen – da drehst du durch.

Jörg Dahlmann sitzt aber da, der hat das gleiche Thema und der dreht nicht durch. Der sitzt da und sagt: Ich habe für mich ganz klar geregelt, dass das, was ich da tue, per Definition Unterhaltung ist. Und die Gruppe derer, die das gut findet, ist groß genug. Was uns eigentlich interessiert: Beim Sportjournalistenpreis holst du dir die Auszeichnung ab, aber warum fehlt dir dann diese Gelassenheit? Warum der bittersüße Gruß an die Berufskritiker? Du sagst selber: Du hast sechs Preise gewonnen – geh’ da doch hoch auf die Bühne, sack’ das Ding ein und ab nach Hause.
Weil ich da einfach anders ticke als Jörg. Wer hat eigentlich beschlossen für unsere Gesellschaft, dass jemand, der in der Öffentlichkeit steht immer alles einstecken und sich kommentarlos alles gefallen lassen muss? Das ist genauso, wenn die Leute immer sagen, dass ich mich immer rechtfertigen würde. Ich hoffe, das ist weniger geworden aber ja, ich schieße auch gerne mal zurück, weil: warum denn eigentlich nicht?

Weil es vielleicht einfach weniger Puls macht…
Ich bin für mein Alter sehr fit und gesund. Und ich glaube übrigens, weil ich das immer rauslasse. Ich kriege kein Magengeschwür. Ich habe einen Ruhepuls von 58.

Überragend, wie du unsere Fragen hier alle vorwegnimmst. Dein Ruhepuls hätte uns tatsächlich interessiert…
Ne, der Puls ist sehr gut. Ich habe nur erhöhte Cholesterinwerte aber das soll angeblich erblich bedingt sein (lacht): Nochmal: Wer hat das denn beschlossen, dass man das alles hinnehmen muss? Was ihr mir hier sagt, das sagt mein Agent mir, das sagt meine Frau mir…

Jeder, der es gut mit dir meint, sagt dir das…
„…sei doch mal souverän.“ Und dann sage ich immer: Soll ich denen das wirklich durchgehen lassen? Es ist eine Grundsatzfrage. Mir gelingt das auch hin und wieder. Aber ich finde das einfach nicht immer gerecht. Und jetzt kommen wir zu der Frage, was das bewirken kann: Wie tickt die Branche? Und was wird lanciert? Guck dir den mal an, hör’ da mal genauer hin – ich bin seit langer Zeit im Geschäft. Und noch schlimmer ist es übrigens auch in der Unterhaltungsbranche. Plötzlich schreibt da jemand einen Artikel in einem Medium, wo du nach drei Sekunden denkst: Was habe ich dem denn getan?

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